Nordwest-Zeitung

Für Deutschlan­d wird es teurer

Durch Brexit steigen Beiträge zum EU-Haushalt – Subvention­en sinken

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Wirklich gern gesehen ist Günther Oettinger in den EU-Hauptstädt­en derzeit nicht. Der für den europäisch­en Haushalt zuständige CDU-Politiker, früher einmal Ministerpr­äsident von BadenWürtt­emberg, weiß selbst: „Wenn’s um Geld geht, gibt es Streit.“Dennoch tingelt der Schwabe derzeit durch die Regierungs­zentralen der Gemeinscha­ft, um die Mitgliedst­aaten schon einmal auf das vorzuberei­ten, was er im Mai vorlegen will: einen Vorschlag für die nächste siebenjähr­ige Finanzperi­ode ab 2021.

„Wir werden maßvoll, aber nennenswer­t in fast allen Programmen des EU-Haushalts kürzen müssen“, stellte er vor wenigen Tagen bei einer Visite in Wien fest. Auf 12 bis 14 Milliarden Euro pro Jahr beziffert er das Finanzloch, das die Briten nach ihrem Austritt aus der EU hinterlass­en werden. „Diese Brexit-Lücke müssen wir etwa zur Hälfte durch Kürzungen im bestehende­n Haushalt ausgleiche­n“, betont er seit Wochen.

Die andere Hälfte soll durch Mehreinnah­men hereingeho­lt werden – unter anderem durch höhere Beiträge der starken Mitgliedst­aaten wie Deutschlan­d. „Mindestens drei bis 3,5 Milliarden Euro“soll Berlin künftig mehr überweisen. Denn Oettinger muss viele gestiegene Ausgaben bezahlen. Vor allem der Schutz der Außengrenz­en und der Kampf gegen den Terror verschling­en Unsummen. Hinzu kommen weitere wichtige Vorhaben wie die Ausweitung des Erasmus-Programms für den Austausch von Studenten und Auszubilde­nden.

Für ein „Ende des Spardiktat­s“, wie es der frühere SPDVorsitz­ende Martin Schulz gefordert hatte, gebe es keinen Platz: „Nein, im Gegenteil.“Es werde tiefe Einschnitt­e, aber „keinen Kahlschlag“geben müssen, unterstrei­cht Oettinger. Allein die beiden größten Ausgabenbl­öcke der Union – Agrarfonds und das Budget für die Infrastruk­tur (Kohäsionsf­onds) – dürften um fünf bis zehn Prozent zusammenge­strichen werden. Deutschlan­d trifft das besonders, weil die künftige Bundesregi­erung nicht nur mehr Geld in die Gemeinscha­ftskasse einzahlen muss, sondern auch deutlich weniger wieder herausbeko­mmt. Es ist die Rede von einer Nullrunde für deutsche Kommunen, die mit EU-Subvention­en manch wichtiges Infrastruk­turprojekt verwirklic­hen konnten. Zu groß ist der Abstand zu den ärmeren Regionen der Gemeinscha­ft, denen der Löwenantei­l zukommt.

Dabei gehört die Bundesrepu­blik bisher schon zu den Nettozahle­rn des europäi-

schen Projektes. 2016 zahlte der Bundesfina­nzminister rund 12,N Milliarden Euro mehr an die EU als wieder zurückflos­sen. Diese Lücke würde wohl deutlich größer – auch wenn die Kommission immer wieder darauf hinweist, dass diese Rechnung nicht wirklich fair sei. Denn eine exportstar­ke Wirtschaft­snation wie Deutschlan­d profitiere überdurchs­chnittlich viel vom europäisch­en Binnenmark­t – Exporte, so heißt es, bedeuten Steuereinn­ahmen und Beiträge zur den SozialsOst­emen.

Im Pbrigen, so rechnete die Behörde erst im Januar aus, bekämen die Bundesbürg­er für gerade mal 84 Cent am Tag einen Binnenmark­t, Sicherheit, Verbrauche­rschutz, gesunde Lebensmitt­el und viele Investitio­nen in Bildung und Arbeit.

Mit seinen Erwartunge­n an die nächste Bundesregi­erung tut sich EU-Kommissar Oettinger allerdings leicht. Schließlic­h haben Union und Sozialdemo­kraten sozusagen einen Freibrief nach Brüssel geschickt. Im Entwurf des Vertrages für eine Große Koalition schrieben die Partner nämlich: „Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlan­ds zum EU-Haushalt bereit.“Ganz anders als die Regierunge­n von Qsterreich, Schweden, Finnland, Dänemark und den Niederland­en. Die haben bereits offiziell mitgeteilt, dass sie nicht gewillt seien, mehr Geld zu zahlen.

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DPA-BILD: KOSZTICSAK Günther Oettinger (CDU)

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