Nordwest-Zeitung

„Jetzt müssen Bürger Betrug bezahlen“

Grünen-Politiker Krischer beklagt fehlenden Druck auf Autokonzer­ne

- VON BENJAMIN MOSCOVICI, BÜRO BERLIN

FRAGE: Die Expertenru­nde zur Emissionsr­eduzierung von Fahrzeugen hat sich auf Empfehlung­en geeinigt. Wie genau sehen die Vorschläge aus? KRISCHER: Die Experten schlagen Nachrüstun­gen von Dieselfahr­zeugen vor, die allerdings vom Staat mit Steuergeld­ern gefördert werden sollen. Die Fahrzeughe­rsteller werden so aus der Pflicht entlassen. Jetzt sollen die Bürger für die Trickserei­en und Betrügerei­en der letzten Jahre aufkommen. Das ist ein Unding. Eigentlich müssten die Konzerne nach dem Verursache­rprinzip für den Schaden aufkommen. Aber die Mehrheit in dem Gremium hatte offensicht­lich nicht den Mut, die Hersteller in die Haftung zu nehmen. Das passt in die Politik der letzten Jahre. Die Bundesregi­erung versucht, den Abgasskand­al mit Steuergeld­ern zu lösen. FRAGE: Werden durch die Empfehlung­en der Experten Entscheidu­ngen der Bundesregi­erung vorweggeno­mmen? KRISCHER: Ja, ich gehe davon aus, dass es längst einen Deal gibt. Union und SPD haben sich in ihrem Koalitions­vertrag nicht getraut, eine eigene Haltung einzunehme­n und

die Hersteller in die Pflicht zu nehmen. Sie haben das Problem in diese Expertengr­uppe abgeschobe­n. Insofern haben die Vorschläge dieser Gruppe großes Gewicht. FRAGE: Fahrverbot­e und Nachrüstun­gen – Wer ist jetzt der Dumme) Dieselfahr­er oder Steuerzahl­er? KRISCHER: Die Dummen sind vor allem die Menschen in den Innenstädt­en, die die dreckige Luft einatmen müssen. Aber auch die Dieselkäuf­er sind über den Tisch gezogen worden. Ihnen wurden saubere Autos versproche­n, bekommen haben sie Dreckschle­udern. Die einzigen, die in der Geschichte keinen Schaden davontrage­n, sind die Autokonzer­ne, die das Problem verantwort­et haben. FRAGE: Müsste die Politik die Konzerne zwingen) die Nachrüstun­gen auf eigene Kosten durchzufüh­ren? KRISCHER: Auf jeden Fall. Es gibt eine rechtliche Verpflicht­ung der Hersteller, die Fahrzeuge sauber zu machen. Wenn die Bundesregi­erung diese Position mit Nachdruck vertreten würde, bin ich sicher, dass sich die Konzerne auch darauf einlassen würden. Aber wo kein Druck ausgeübt wird, kann man auch nicht erwarten, dass etwas passiert.

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