Nordwest-Zeitung

Kampusch blickt optimistis­ch in Zukunft

30-Jährige beschenkt sich und Freunde zum Geburtstag mit großer Party

- VON MATTHIAS RÖDER

8hr Schicksal machte weltweit Schlagzeil­en. An diesem Samstag vollendet sie das 30. Lebensjahr.

WIEN – Natascha Kampusch ist glücklich über den Beginn eines neuen Lebens-Jahrzehnts und blickt optimistis­ch in die Zukunft. „Ich freue mich, dass ich 30 werde. Man wird von Älteren einfach ernster genommen und hat zugleich noch den Draht zu den Jungen“, sagte sie vor ihrem Geburtstag an diesem Samstag. Erst in diesem Alter beginne der Mensch, seine volle Kraft und Energie zu entwickeln, ist sich die junge Österreich­erin sicher.

Nach dem Start ihrer ersten Schmuck-Kollektion im vergangene­n Herbst gebe es jedenfalls genügend Pläne für weitere Projekte. „Es ist mir

wichtig, mich für andere Menschen zu engagieren.“Details will sie noch nicht verraten.

Vielleicht werde sie auch ihre einst begonnene Goldschmie­delehre beenden.

Kampusch war als Zehnjährig­e auf dem Schulweg in Wien entführt und acht Jahre lang in einem Kellerverl­ies gefangen gehalten worden. Im August 2006 gelang ihr die Flucht, ihr Entführer brachte sich um.

Unter den Folgen der Gefangensc­haft leidet sie nach eigenen Worten kaum mehr. „Es ist mehr so ein Gefühl, wie es vielleicht Opfer eines Bankraubs oder eines Lawinenung­lücks haben. Ich kann es rationalis­ieren und so verhindern, dass es sich in meine Lebens-Gegenwart hineinfris­st“, meint sie. Wahr bleibe aber auch, dass sie viele Erfahrunge­n in der Pubertät nicht habe machen dürfen. „Eigentlich ist die Pubertät eine Zeit, in der man sich ausprobier­en und ohne Konsequenz­en orientiere­n kann. Das vermisse ich schon.“

Eine Gewohnheit aus der Gefangensc­haft hat sie mittlerwei­le weitgehend abgelegt: das genaue Hören von Radionachr­ichten. Weil sie über die Welt und die Politik viel wissen wollte, habe sie alle Nachrichte­n genau auf Inhalt und Sprache analysiert, erzählt sie. Mittlerwei­le sortiere sie bei politische­n Themen nach Relevanz: „Wird das in 15 Jahren noch wichtig sein?“, frage sie sich dann.

Kampusch lebt in Wien – und ist über ihre eigene Bodenständ­igkeit überrascht. In Wien passiere ihr es öfter, dass sie Menschen um ein Selfie bäten. Ihr Gesicht ist auch wegen des Covers ihres 2016 erschienen­en Buchs über die zehn Jahre nach der Gefangensc­haft vielen vertraut. Mit rund 30 Freunden und Familienmi­tgliedern wolle sie jedenfalls zu ihrem Geburtstag eine Party feiern. Es werde ein großes Essen geben. Aber Kampusch will ihrem Fest auch einen Wohltätigk­eits-Charakter geben. Zu wessen Gunsten Geld gesammelt werden soll, werde sie noch entscheide­n.

 ?? DPA-BILD: MARCUS BRANDT ?? Natascha Kampusch vor der Präsentati­on der NDR-Dokumentat­ion „3096 Tage Gefangensc­haft“
DPA-BILD: MARCUS BRANDT Natascha Kampusch vor der Präsentati­on der NDR-Dokumentat­ion „3096 Tage Gefangensc­haft“

Newspapers in German

Newspapers from Germany