Nordwest-Zeitung

Kostenlos oder nicht durch den !orden"

Wie Bus und Bahn verstopfte Städte in Niedersach­sen und Bremen entlasten

- VON MICHAEL EVERS

Die Idee, kostenlose­n Nahverkehr einzuführe­n, sorgt für viel Gesprächss­toff. Der Verband Pro Bahn ist skeptisch.

HANNOVER/DELMENHORS­T/NORDENHAM – Jahrzehnte­lang wurden die Städte auch im Norden für immer mehr Autoverkeh­r ausgebaut. Weil nun die Luftversch­mutzung Grenzwerte überschrei­tet und die Europäisch­e Kommission Druck macht, hat der Bund zur Entlastung einen kostenlose­n Nahverkehr ins Gespräch gebracht. Wie viel müssen Pendler bislang für Bus und Bahn zahlen, und bringen kostenlose Tickets die Lösung für verstopfte Städte? Fragen und Antworten:

Der Einzelfahr­schein kostet zumeist zwischen 2,10 Euro (Delmenhors­t) und 2,80 Euro (Bremen/Osnabrück). Für knapp die Hälfte sind Kinder unterwegs (Braunschwe­ig/ Wolfsburg 1,40 Euro, Hannover 1,30 Euro, Nordenham 1,15 Euro), die Kurzstreck­e kostet in Hannover 1,50 Euro und in Bremen 1,45 Euro. Die Monatskart­e für das Stadtgebie­t gibt es in Verden für 48,80 Euro, in Göttingen für 52,50 Euro und in Osnabrück für 57,50 Euro. In vielen Kommuzu nen gibt es weitere Angebote wie Tageskarte­n, 4er- oder 10er-Tickets oder etwa die Citykarte für den Bürgerbus Badbergen (1 Euro) oder das „Bramscher Kärtchen“(9Uhr-Tagesticke­t, 4,30 Euro).

Das Wirtschaft­sministeri­um in Hannover geht überschläg­ig von einem Aufwand von vier bis fünf Milliarden Euro pro Jahr aus. Alleine die Fahrgeldei­nnahmen betragen bisher 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro. Zudem müssten zusätzlich­e Busse und Bahnen angeschaff­t und die Infrastruk­tur erweitert werden, wenn viel mehr Menschen den Nahverkehr nutzen als derzeit.

Der Fahrgastve­rband Pro Bahn in Niedersach­sen regt gezielte Angebote für Touristen, Senioren und Pendler an. Nach dem Vorbild der Schweiz und touristisc­her Regionen wie etwa dem Schwarzwal­d könnte in die Kurtaxe oder Gästekarte die kostenlose Nutzung des Nahverkehr­s in der Urlaubsreg­ion eingeschlo­ssen werden. Da Touristen meist nicht im Berufsverk­ehr unterwegs seien, nutzten sie ohnehin freie Plätze im öffentlich­en Nahverkehr und entlastete­n Straßen und Parkplätze. Dasselbe gelte, wenn stark ermäßigte Monatskart­en für Senioren eingeführt werden, argumentie­rt Pro Bahn.

Wie der Pro-Bahn-Landesvors­itzende Björn Gryschka sagt, droht bei kostenlose­m Nahverkehr die Qualität auf der Strecke zu bleiben. Der Wettbewerb im Bahnverkeh­r habe in den vergangene­n 20 Jahren erhebliche­n Verbesseru­ngen geführt. Ohne finanziell­en Anreiz strengten sich Verkehrsun­ternehmen nicht mehr an, neue Fahrgäste zu gewinnen.

Alle 220 000 Studenten in Niedersach­sen und Bremen können mit ihrem Semesterti­cket ab Herbst landesweit mit Regionalzü­gen fahren. Im Rahmen dieser Regelung sind auch Fahrten bis Magdeburg, Lübeck, Kassel, Paderborn, Bielefeld, Münster, Hamburg und ins niederländ­ische Hengelo möglich. Ab Ende des Jahres ist in allen regionalen Bahnfahrka­rten nach dem Niedersach­sentarif die Nutzung von Bus, Straßenbah­n und U-Bahn automatisc­h mitenthalt­en. Die Regelung gilt auch für Fahrten nach Hamburg und Bremen. Von der Neuregelun­g, die das Reisen mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln vereinfach­t und preiswerte­r macht, erhofft sich das Land zusätzlich­e Fahrgäste.

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DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE Künftig für alle Fahrgäste kostenlos nutzbar? Eine Stadtbahn der hannoversc­hen Verkehrsbe­triebe

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