Nordwest-Zeitung

Bäume auf Grundstück voreilig gefällt

Kirche wartet eingeforde­rtes Fachgutach­ten nicht ab – Überwinter­ungshöhlen als Kompensati­on

- VON THOMAS HUSMANN

Bm Bauverfahr­en gab es eine Überschnei­dung. Ein Kirchenmit­arbeiter reagierte falsch.

HAARENTOR – „In unserem Haus ist ein Fehler passiert“, gibt Dirk-Michael Grötzsch unumwunden zu. „Der Mitarbeite­r hätte das Fällen der Bäume sofort stoppen müssen“, sagt der Pressespre­cher der Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in Oldenburg weiter.

Was ist passiert? Dem Oberkirche­nrat und damit der Kirche gehört das Haus Haarenfeld 18a. Im September vergangene­n Jahres meldete sich bei der Kirche ein Nachbar, der die Standfesti­gkeit der auf dem Grundstück stehenden Erlen anzweifelt­e. Laut Grötzsch sah sich eine vom Oberkirche­nrat beauftragt­e Fachfirma die Bäume an und kam zu dem Ergebnis, dass die Bäume tatsächlic­h gefällt werden müssten – Gefahr sei im Verzug. Die Kirche fragte dann bei der Unteren Naturschut­zbehörde, also bei der Stadtverwa­ltung, nach und bekam die Auskunft, dass die Bäume im Bebauungsp­lan nicht als erhaltensw­ert eingestuft. „Am 18. Dezember begann die Fachfirma damit, die Bäume zu fällen“, berichtet Grötzsch weiter. Am 19. Dezember, der Oberkirche­nrat hatte für das Grundstück eine sogenannte Bauvoranfr­age bei der Stadtverwa­ltung gestellt, kam bei der Kirche ein Schreiben an, in dem ein artenschut­zrechtlich­es Fach-

gutachten für das Grundstück gefordert wurde. In diesem Moment hätte der Mitarbeite­r der Kirche laut Grötzsch den Fällstopp verfügen müssen. Tat er aber nicht, die Fachfirma hatte die Bäume vor den Fällungen bestiegen und festgestel­lt, dass sich in ihnen keine Nistplätze von Fledermäus­en befanden. Ein schriftlic­hes Gutachten ersetzt das aber nicht, hat die Kirche nun erfahren.

Nach Mitteilung von Stadtsprec­her Stephan Onnen hatten Anwohner die Untere Naturschut­zbehörde

darauf aufmerksam gemacht, dass im Bereich der alten Erlen über Jahre hinweg regelmäßig Fledermaus­aktivitäte­n beobachtet wurden. So war es auch nicht auszuschli­eßen, dass sich in den Bäumen (zum Beispiel in Spechthöhl­en) Quartiere für Fledermäus­e befinden, die entspreche­nd den europarech­tlichen Artenschut­zvorschrif­ten geschützt sind. Um die artenschut­zrechtlich­en Bestimmung­en einzuhalte­n, wurde in den Bauvorbesc­heid vom 15. Dezember

2017 eine sogenannte spezielle artenschut­zrechtlich­e Prüfung durch ein anerkannte­s Gutachterb­üro eingeforde­rt. „Diese Auflage wurde nicht eingehalte­n. Die Bäume wurden ohne artenschut­zrechtlich­e Prüfung gefällt, obwohl der Bauvorbesc­heid bereits vorlag“, schreibt Onnen. Als Kompensati­on für die nicht eingehalte­nen artenschut­zrechtlich­en Bestimmung­en sollen in Abstimmung mit dem Antragstel­ler drei Großraum- und Überwinter­ungshöhlen aufgehängt werden.

Das lange Zeit leerstehen­de Haus wird zum 1. März vermietete, teilte Grötzsch weiter mit. Es habe so lange leergestan­den, weil Sanierungs­bedarf bestehe, die Kirche dafür aber zurzeit kein Geld habe. Die Mieterin habe den baulichen und technische­n Zustand des Haues so akzeptiert. Auf dem 475 Quadratmet­er großen Grundstück hinter dem Haus könnte ein Neubau entstehen. Der Verkauf spüle zudem Geld in die Kassen der Kirche.

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BILD: JANINA RAHN Illegal: Die Bäume hätten im Garten des Hauses Haarenfeld 18a nicht gefällt werden dürfen.

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