Bäume auf Grundstück voreilig gefällt
Kirche wartet eingefordertes Fachgutachten nicht ab – Überwinterungshöhlen als Kompensation
Bm Bauverfahren gab es eine Überschneidung. Ein Kirchenmitarbeiter reagierte falsch.
HAARENTOR – „In unserem Haus ist ein Fehler passiert“, gibt Dirk-Michael Grötzsch unumwunden zu. „Der Mitarbeiter hätte das Fällen der Bäume sofort stoppen müssen“, sagt der Pressesprecher der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg weiter.
Was ist passiert? Dem Oberkirchenrat und damit der Kirche gehört das Haus Haarenfeld 18a. Im September vergangenen Jahres meldete sich bei der Kirche ein Nachbar, der die Standfestigkeit der auf dem Grundstück stehenden Erlen anzweifelte. Laut Grötzsch sah sich eine vom Oberkirchenrat beauftragte Fachfirma die Bäume an und kam zu dem Ergebnis, dass die Bäume tatsächlich gefällt werden müssten – Gefahr sei im Verzug. Die Kirche fragte dann bei der Unteren Naturschutzbehörde, also bei der Stadtverwaltung, nach und bekam die Auskunft, dass die Bäume im Bebauungsplan nicht als erhaltenswert eingestuft. „Am 18. Dezember begann die Fachfirma damit, die Bäume zu fällen“, berichtet Grötzsch weiter. Am 19. Dezember, der Oberkirchenrat hatte für das Grundstück eine sogenannte Bauvoranfrage bei der Stadtverwaltung gestellt, kam bei der Kirche ein Schreiben an, in dem ein artenschutzrechtliches Fach-
gutachten für das Grundstück gefordert wurde. In diesem Moment hätte der Mitarbeiter der Kirche laut Grötzsch den Fällstopp verfügen müssen. Tat er aber nicht, die Fachfirma hatte die Bäume vor den Fällungen bestiegen und festgestellt, dass sich in ihnen keine Nistplätze von Fledermäusen befanden. Ein schriftliches Gutachten ersetzt das aber nicht, hat die Kirche nun erfahren.
Nach Mitteilung von Stadtsprecher Stephan Onnen hatten Anwohner die Untere Naturschutzbehörde
darauf aufmerksam gemacht, dass im Bereich der alten Erlen über Jahre hinweg regelmäßig Fledermausaktivitäten beobachtet wurden. So war es auch nicht auszuschließen, dass sich in den Bäumen (zum Beispiel in Spechthöhlen) Quartiere für Fledermäuse befinden, die entsprechend den europarechtlichen Artenschutzvorschriften geschützt sind. Um die artenschutzrechtlichen Bestimmungen einzuhalten, wurde in den Bauvorbescheid vom 15. Dezember
2017 eine sogenannte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung durch ein anerkanntes Gutachterbüro eingefordert. „Diese Auflage wurde nicht eingehalten. Die Bäume wurden ohne artenschutzrechtliche Prüfung gefällt, obwohl der Bauvorbescheid bereits vorlag“, schreibt Onnen. Als Kompensation für die nicht eingehaltenen artenschutzrechtlichen Bestimmungen sollen in Abstimmung mit dem Antragsteller drei Großraum- und Überwinterungshöhlen aufgehängt werden.
Das lange Zeit leerstehende Haus wird zum 1. März vermietete, teilte Grötzsch weiter mit. Es habe so lange leergestanden, weil Sanierungsbedarf bestehe, die Kirche dafür aber zurzeit kein Geld habe. Die Mieterin habe den baulichen und technischen Zustand des Haues so akzeptiert. Auf dem 475 Quadratmeter großen Grundstück hinter dem Haus könnte ein Neubau entstehen. Der Verkauf spüle zudem Geld in die Kassen der Kirche.