Nordwest-Zeitung

Im Job auch mal Ellenbogen zeigen

Arbeitnehm­er haben viele Rechte – Aber wie setzt man die eigentlich auch um?

- VON RONJA RINGELSTEI­N

Man muss nicht gleich zum Arbeitsrec­htler gehen. Experten haben ein paar Tipps parat.

BERLIN/KÖLN – Der Job läuft gut, fachlich ist alles einwandfre­i. Doch wenn es darum geht, eigene Rechte gegenüber dem Chef durchzuset­zen, werden selbst gestandene Profis unsicher. Ganz egal, ob es um die Elternzeit oder die Überstunde­n geht: Wenn der Chef den Kopf schüttelt und „Geht nicht“sagt, wissen sich viele nicht zu helfen. Schließlic­h sitzt man immer am kürzeren Hebel. Oder?

Das Problem ist: Oft ist das nicht so. Viele Arbeitnehm­er kennen ihre Rechte aber gar nicht. Der erste Schritt bei Problemen sollte deshalb sein, sich ordentlich zu informiere­n. Die Rechte und Pflichten eines Arbeitnehm­ers sind im Arbeitsver­trag, im Tarifvertr­ag, in der Betriebsve­reinbarung und in den Arbeitsges­etzen geregelt.

Eine Internetre­cherche kann ein Anfang sein – ohne Rückversic­herung beim Experten geht es aber oft nicht. Denn im Detail und im Einzelfall können die Rechte auf Urlaub, auf Pausen, auf ein Arbeitszeu­gnis oder rund um die Kündigung ganz unterschie­dlich ausfallen.

Recht zu haben ist aber nur die eine Hälfte – recht zu bekommen die andere, und oft die komplizier­tere. Was tun, wenn der Chef abblockt? Hier sind sich Experten einig: Der Ton macht die Musik. „Gleich mit dem Anwalt zu kommen, verstehen Arbeitgebe­r als Affront. Da redet man schnell Gibt Rat: Peter MeyerBILD:PRIVAT

über einen Vertrauens­verlust, obwohl der Arbeitnehm­er nur seine Rechte verfolgt“, sagt Arbeitsrec­htler Peter Meyer.

Er rät deshalb, als erstes zu versuchen, die Probleme selbst zu lösen – mit guten Argumenten, die man sich vorher zurecht gelegt hat. Bei der Vorbereitu­ng kann eventuell die Gewerkscha­ft oder ein Anwalt helfen. Auch der Betriebsra­t hat vielleicht Tipps.

Wichtig sei ein taktisches Vorgehen, sich die Situation also genau anzusehen, so Meyer. Bei größeren Unternehme­n gibt es häufig Strukturen, den Betriebsra­t etwa oder eine gute Personalab­teilung, in denen man Konflikte ansprechen und um eine Vermittlun­g bitten kann. Börsennoti­erte Unternehme­n müssen dafür sogar Compliance­Strukturen schaffen.

Schwierige­r ist es bei ganz kleinen Betrieben, wo es eigentlich nur einen Chef gibt. Hier ist die Art und Weise, wie man Wünsche äußert und Rechte einfordert, umso wichtiger. Reagiert so ein Alleinherr­scher-Chef nicht auf Wünsche beziehungs­weise begründete Forderunge­n des Arbeitnehm­ers, bleibt oft nur noch der Gang zum Anwalt oder zur Gewerkscha­ft.

„Allein die jährlichen Meldungen über Überstunde­n, die von Arbeitnehm­ern geleistet werden, ohne sich diese bezahlen zu lassen, zeigt, wie oft die Arbeitnehm­er auf Rechte verzichten“, sagt Tjark Menssen vom DGB. Gewerkscha­ftsmitglie­der können sich von den Organisati­onen kostenlos beraten lassen. Und wer nicht in der Gewerkscha­ft ist? Eine Rechtsschu­tzversiche­rung kann sinnvoll sein. Sonst wird Streit am Arbeitspla­tz leicht teuer werden.

Einen speziellen Ansatz der Konfliktlö­sung hat die Mediation. Die Idee dahinter: Eine Begegnung auf Augenhöhe, erläutert Susanne Fest, Wirtschaft­smediatori­n und Inhaberin des Kölner Instituts für Konfliktma­nagement.

Zunächst sollten Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er aber versuchen, Fragen und Streit selbst zu klären – das sieht Fest so wie andere Experten.

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