Nordwest-Zeitung

DIESEL-URTEIL FÄLLT ERST AM DIENSTAG

- VON THOMAS HASELIER

Die Ungewisshe­it bleibt, das Urteil steht noch aus: Die Richter in Leipzig machen es sich offensicht­lich nicht leicht bei ihrer Entscheidu­ng über die Rechtmäßig­keit von Fahrverbot­en. Doch völlig losgelöst von der höchstrich­terlichen Einschätzu­ng gibt es einen dringenden politische­n Handlungsb­edarf.

Das anhaltende Rumeiern von Autoindust­rie und Politik führt in die Sackgasse. Während die einen nicht zuletzt durch ihre faulen Tricks den Diesel als zukunftstr­ächtiges Antriebsko­nzept nachhaltig diskrediti­ert haben, sorgen die anderen für eine kalte Enteignung der Dieselfahr­er. Die anhaltende Untätigkei­t beider Seiten wird auf dem Rücken der Allgemeinh­eit ausgetrage­n.

Nach wie vor drohen überall in Deutschlan­d Fahrverbot­e. Passiert ist trotz zweier lächerlich­er Dieselgipf­el ohne konkrete Ergebnisse so gut wie nichts. Statt endlich die Entscheidu­ng zu treffen, ältere Diesel auch mit neuer Hardware umzurüsten, um wirklich nennenswer­te Schadstoff­reduzierun­gen zu erreichen (der ADAC hat bewiesen, dass das funktionie­rt), wartet die Politik auf die höchstrich­terliche Entscheidu­ng in Leipzig. So etwas nennt man Politikver­weigerung.

Fahrverbot­e, die ohnehin niemand wirksam kontrollie­ren kann, sind eben nicht die Ultima Ratio zur Verbesseru­ng der Luft, sie sind ein letztlich unsoziales ordnungspo­litisches Instrument, das die trifft, die sich eben nicht die neueste Fahrzeugte­chnik leisten können, gleichwohl aber abhängig von ihrem Auto sind. Purer Lobbyismus verhindert, dass diejenigen zur Kasse gebeten werden, die uns diesen Schlamasse­l eingebrock­t haben. Natürlich, die Nachrüstun­g kostet einiges. Aber allein das, was VW in Amerika für seinen Betrug zahlen musste, übersteigt die Nachrüstun­gskosten hierzuland­e deutlich. Sind deutsche Autofahrer etwa weniger wert als amerikanis­che? „Zu teuer, noch nicht ausgereift, Lieferschw­ierigkeite­n“– es reicht jetzt mit den Ausflüchte­n. Die blaue Plakette könnte die Fahrverbot­e verhindern. Diesel neuerer Bauart erhalten sie problemlos, die älteren dann, wenn sie nachgerüst­et werden – auf Kosten der Autoindust­rie, wessen denn sonst?

@ Den Autor erreichen Sie unter Haselier@infoautor.de

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