Assad und Erdogan bomben weiter
Kein Ende der Kämpfe im Norden und bei Damas6us – UN-Abstimmung verhindert
Russland hat sich zum wiederholten Male vor das Assad-Regime gestellt. Deutschland sagt zehn Millionen Euro Soforthilfe zu.
BERLIN/DAMASKUS/NEW YORK – Der UN-Sicherheitsrat hat sich nicht auf eine Feuerpause für Syrien geeinigt. Russland verhinderte am Donnerstagabend in New York eine Abstimmung über einen Resolutionsentwurf, laut dem die Waffen 30 Tage geschwiegen hätten. Damit stellte sich Russland zum wiederholten Male vor das Regime des syrischen Gewaltherrschers Baschar al-Assad.
Der russische Vertreter bei den UN, Wassili Nebenzia, machte klar, dass er dem Entwurf von Schweden und Kuwait nicht zustimmen werde. Stattdessen präsentierte er eine Reihe von Änderungswünschen. Da Russland mit seinem Veto Beschlüsse des Rates blockieren kann, zog es der Ratspräsident, der kuwaitische Botschafter Mansour Al-Otaibi, vor, die Sitzung zu vertagen.
Angesichts der katastrophalen humanitären Lage in Syrien hatten Schweden und Kuwait im UN-Sicherheitsrat für ihre Initiative geworben. Bis zuletzt hofften die beiden Länder auf ein Einlenken Russlands und eine erfolgreiche Abstimmung.
Die dramatische Lage alarmierte auch die Bundesregierung. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte dem Internationalen Roten Kreuz zehn Millionen Euro für Soforthilfe zu, teilte das Auswärtige Amt mit. Zugleich habe Gabriel Kontakte zu Russland und zu UN-Generalsekretär Antonio Guterres aufgenommen, um für einen Waffenstillstand einzutreten. Notfalls sollten Kinder und Familien evakuiert werden.
Die syrische Armee fliegt mit russischer Unterstützung Luftangriffe auf das von Rebellen kontrollierte Gebiet Ost-Ghuta östlich von Damaskus. Hunderte Zivilisten wurden in den vergangenen Tagen getötet, mehr als 1000 verletzt. Die 400 000 dort eingeschlossenen Menschen erleben laut UN-Generalsekretär Guterres die „Hölle auf Erden“. Hilfe kommt nach Angaben des Roten Kreuzes nur vereinzelt durch.
In Syrien kämpfen das Assad-Regime, Rebellen und Terrormilizen um die Macht. Neben Russland stehen iranische und andere Milizen auf der Seite von Präsident Baschar al-Assad. Ferner geht die Türkei in Afrin gegen kurdische Verbände vor, die wiederum von den USA unterstützt werden.
Durch die seit sieben Jahren anhaltenden Kämpfe in Syrien wurden nach UNSchätzungen Hunderttausende Menschen getötet. 13,5 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, fast elf Millionen sind im eigenen Land oder Lenseits der Grenzen auf der Flucht.
Die türkische Regierung widersprach unterdessen Angaben zu getöteten Zivilisten bei der türkischen Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien. „Bei den Operationen der türkischen Streitkräfte gab es bis heute keinen einzigen Zivilisten in der Region, dem auch nur die Nase geblutet hat, geschweige denn, der ums Leben gekommen ist“, sagte Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag. Die Türkei werde die Offensive in Afrin fortsetzen, bis sie die Region von „den Terrororganisationen und ihren Terroristen gesäubert hat“.
Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind bei der türkischen Offensive gegen die YPG in der Region Afrin 112 Zivilisten getötet worden, darunter 23 Kinder. Die türkische Armee hatte die Offensive am 20. Januar begonnen.
Bozdag sagte am Donnerstag, sollten regierungstreue syrische Milizen in der Region die YPG unterstützen, „dann werden auch sie nicht verschont. Wer auch immer versucht, neben diesen Terrororganisationen gegen die türkischen Streitkräfte zu kämpfen, wird für uns zur Zielscheibe.“
Die Co-Vorsitzende der pro-kurdischen türkischen Oppositionspartei HDP, Pervin Buldan, bezeichnete die Darstellung, dass aus Regierungssicht nur „Terroristen“getötet würden, als „Lüge“. „Die Regierung verbreitet Fehlinformationen, wenn sie sagt, dass es keine zivilen Toten gebe“, sagte sie am Donnerstag in Istanbul. Ihre Partei fordere ein sofortiges Ende des Militäreinsatzes in Afrin.