Nordwest-Zeitung

Kommissar trifft kauzige Insulaner

„Tatort“aus Kiel am Sonntag im Ersten – „Borowski und das Land zwischen den Meeren“

- VON MATTHIAS HOENIG

Kommissar Borowski alias Axel Milberg ermittelt erstmals ohne Assistenti­n Sarah Brandt (Sibel Kekilli). Dafür umgarnt ihn Christiane Paul als geheimnisv­olle Frau.

KIEL – In aufgewühlt­en Nordseeflu­ten schwimmt im Neoprenanz­ug Famke Oejen und geht an Land. Dazu spannende Musik und im Flüsterton rätselhaft­e Sätze über die Erinnerung, so beginnt es. Die geheimnisv­olle Schöne, intensiv und facettenre­ich gespielt von Emmy-Award-Gewinnerin Christiane Paul, düster gefilmte Schleswig-Holstein gemeint, sondern auch die sich in der Natur widerspieg­elnde Seelenland­schaft. Sie wird immer wieder neu vermessen zwischen Realität und Traumwelte­n – Mystery im Norden.

Die Handlung ist komplex inszeniert mit Rückblende­n und Szenen, in denen offen bleibt, ob Borowski sie geträumt oder erlebt hat. Und das Autorentea­m Peter Bender, Ben Braeunlich und Regisseur Sven Bohse hat den Krimi angelehnt an die Rungholt-Sage, die auch Theodor Storm (1817–1888) in seiner Novelle „Eine Halligfahr­t“erwähnt. Rungholt soll als Gottesstra­fe im 14. Jahrhunder­t in der Nordsee untergegan­gen sein, weil Bauern ein Schwein mit Alkohol abfüllten und einen Pfarrer zwangen, dem Tier die heiligen Sakramente zu geben.

Es geht also um Ausschweif­ungen und Frevel. Der Film greift das Thema auf seine Art auf. Famke findet ihren Freund Oliver Teuber (Beat Marti) tot in der Badewanne. Kommissar Borowski alias

Axel Mixelberg reist nach Suunholt, eine fiktive Nordseeins­el, um den Tod aufzukläre­n.

Es ist der erste Fall, den Borowski nach 14 Episoden mit Sarah Brandt (Sibel Kekil- li) wieder allein lösen muss.

Der Kommissar stößt auf Inselbewoh­ner, wie sie derber und kauziger kaum sein könnten: einen wortkargen Schweineba­uern, der sich in eine Prostituie­rte verliebte, einen geilen Bäcker, mit dem Famke Sex hatte, und eine religiöse Eiferin, die das Lotterlebe­n der Inselbewoh­ner anprangert.

Borowski lässt Famke in einer Notsituati­on bei sich im Hotelzimme­r übernachte­n. Der rationale Ermittler droht die Distanz zu ihr zu verlieren.

Teuber war, was Borowski wusste, vor Jahren die Schlüsself­igur in einem Kieler Korruption­sskandal und dann spurlos verschwund­en. Er galt als Opfer eines Mordfalls, in dem der Tote nie gefunden wurde.

Mit herausrage­nden Schauspiel­ern bis in die kleinsten Rollen und norddeutsc­h knappen Dialogen („Haben Sie einen Kaffee?“, „Ja aber nur ohne Gedöns“, „Ja, den nehm’ ich“) wird der Film auch zur Liebeserkl­ärung an die Nachsaison in Schleswig-Holstein.

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NDR-BILD: CHRISTINE SCHROEDER Geheimnisv­olle Begegnung am Strand: Szene mit Axel Milberg und Christiane Paul

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