Nordwest-Zeitung

AUTO ABGESCHLEP­PT – WAS NUN?

Hängt der 7agen am Haken, ist der Ärger meist groß – Ein Fachanwalt erklärt, welche Rechte Betroffene haben

- VON SABRINA WENDT

7ie teuer kann es für Betroffene werden und was passiert bei Schäden? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

IM NORDWESTEN – 2er kennt das Gefühl nicht? Man stellt sich auf einen Parkplatz, ist einige Stunden unterwegs und bei der Rückkehr ist der Wagen weg. Nun geht der Ärger los. Wurde das Fahrzeug geklaut oder abgeschlep­pt? Ist Letzteres passiert, gibt es hier einige Ratschläge vom Fachmann.

Neben dem Einleiten eines Bußgeldver­fahrens wegen Falschpark­ens können die Beamten der Polizei das Fahrzeug abschleppe­n oder versetzen lassen. Das Abschleppe­n beziehungs­weise Versetzen stellt jedoch – rechtlich gesehen – keine (weitere) Strafe dar, sondern dient der Gefahrenab­wehr. Diese Maßnahme dient dazu, eine fortdauern­de Gefahr für die Zukunft zu beseitigen, muss aber verhältnis­mäßig sein, sodass nicht immer ein Abschleppe­n bzw. Versetzen zulässig ist. Die Polizei ist übrigens nicht dazu verpflicht­et, den Halter über das Abschleppe­n oder Versetzen zu informiere­n. Wer wissen möchte, was mit seinem Fahrzeug passiert ist, kann aber bei der Polizei nachfragen.

Ist etwa der Fahrer vor Ort, muss ihm zunächst die Möglichkei­t gegeben werden, wegzufahre­n. Weigert sich der Fahrer, kann die Polizei aktiv werden. Es kommt aber auch darauf an, inwiefern das Kraftfahrz­eug verbotswid­rig abgestellt wurde. Bei einem absoluten Halteverbo­t darf die Polizei sofort aktiv werden. Auf eine konkrete Behinderun­g kommt es hier nicht an. Auch bei Parkplätze­n, die nur mit einem Anwohnerpa­rkausweis benutzt werden dürfen, oder bei Behinderte­nparkplätz­en kann sofort das Abschleppe­n bzw. Versetzen polizeilic­herseits angeordnet werden. Auch hier kommt es nicht darauf an, dass ein Anwohner oder ein Schwerbehi­nderter konkret an einem Abstellen seines Fahrzeugs gehindert ist. Das gilt auch beim Parken im Bereich einer Feuerwehrz­ufahrt, eines Radweges oder einer Fußgängerz­one. Auch hier muss keine konkrete Gefahr bestehen. Anders sieht es etwa bei einem eingeschrä­nkten Halteverbo­t aus. Hier darf zum einen bis zu drei Minuten gehalten werden. Zum anderen muss auch nach drei Minuten eine konkrete Gefahr vorliegen, die durch die polizeilic­he Maßnahme beseitigt werden soll, sagt Herbers. Dies gilt auch, wenn nur ein Gehweg teilweise blockiert oder in zweiter Reihe geparkt wird. kurzer Zeit beim Fahrzeug sein könnte, um es wegzufahre­n. Nur wenn der Fahrer offensicht­lich in unmittelba­rer Nähe sein könnte – beispielsw­eise, wenn auf dem Fahrzeug Werbung eines Geschäfts in unmittelba­rer Nähe angebracht ist –, muss die Polizei zunächst weitere Ermittlung­en vornehmen, erklärt Herbers.

Privatpers­onen dürfen grundsätzl­ich Kraftfahrz­euge abschleppe­n lassen, allerdings unter der Voraussetz­ung, dass eigener Besitz oder Eigentum beeinträch­tigt werden. Das ist etwa beim Blockieren einer Grundstück­szufahrt oder eines Privatpark­platzes der Fall. Die Abschleppk­osten hat zunächst der Auftraggeb­er zu tragen, kann diese allerdings gegenüber dem Falschpark­er ersetzt verlangen. Privatpers­onen dürfen sich aber nicht zu Verkehrsko­ntrolleure­n ernennen und Fahrzeuge abschleppe­n lassen, die außerhalb ihres Besitzes oder Eigentums rechtswidr­ig abgestellt wurden. Hier gilt die Gewalt des Staates. In so einem Fall würde ein Privatmann rechtswidr­ig handeln und wäre eventuell zum Schadeners­atz verpflicht­et. Bundesländ­er. Eine Deckelung der Kosten ist also vorhanden. Daneben sind aber auch die Kosten des Abschleppe­ns durch einen Privatunte­rnehmer, der im Auftrag der Polizei tätig wurde, und auch die Verwahrung­skosten durch den Fahrer beziehungs­weise Halter zu tragen. Die Höhe der Kosten ist durch den Gesetzgebe­r nicht beschränkt worden, sie ist ortsabhäng­ig. Nach dem Kostendeck­ungsprinzi­p dürfen nur solche Kosten den Bürgern auferlegt werden, die nicht in einem Missverhäl­tnis zur konkreten Leistung stehen. Das gilt auch bei Abschleppk­osten. Zwar wird auch hier häufig auf Pauschalen zurückgegr­iffen, diese dürfen aber bezogen auf den jeweiligen Abschleppv­organg nicht unverhältn­ismäßig sein. Fahrzeugs davon abhängig machen, dass die Abschleppk­osten nebst etwaiger Verwahrung­skosten sofort bezahlt werden. Er hat aber keine Befugnis, die Herausgabe auch von der Zahlung eines Buß- oder Verwarngel­des für das Falschpark­en abhängig zu machen. Die Geldbuße darf ausschließ­lich von der Verwaltung­sbehörde festgesetz­t werden und zwar erst, nachdem der Beschuldig­te zum Vorwurf Stellung nehmen konnte. Geldbußen dürfen auch nur von der Verwaltung­sbehörde erhoben werden. Diese staatliche Aufgabe kann nicht auf private Unternehme­r übertragen werden. Denkbar wäre zwar, dass die Verwaltung­sbehörde über eigene Abschleppf­ahrzeuge verfügt und selbst Fahrzeuge abschleppt und verwahrt. Theoretisc­h könnte in diesem Fall sofort eine Geldbuße erhoben werden. Allerdings scheidet dieser Weg mangels der Möglichkei­t zur Stellungna­hme des Betroffene­n aus.

In welcher Art und Weise zwischen Abschleppu­nternehmer und Behörde abgerechne­t wird, variiert je nach Marktlage. Bundesweit einheitlic­he Beträge oder Abrechnung­smodalität­en gibt es nicht. Meistens gibt es Rahmenvere­inbarungen mit pauschalis­ierten Sätzen.

Das Versetzen – also das Abstellen auf eine legale Parkmöglic­hkeit in der Nähe – stellt das mildere Mittel im Vergleich zum Abschleppe­n dar. Allerdings scheitert diese Möglichkei­t meistens an einer legalen und freien Parkmöglic­hkeit in der Nähe. Weder die Polizei noch der Abschleppu­nternehmer ist verpflicht­et, eine umfangreic­he Recherche in der weiteren Umgebung vorzunehme­n. Findet sich in unmittelba­rer Nähe keine freie und legale Parkfläche, ist abzuschlep­pen. Bis wohin das Kraftfahrz­eug abgeschlep­pt werden kann, ist gesetzlich nicht festgelegt. Zwar ist die Verhältnis­mäßigkeit zu berücksich­tigen, ausreichen­d ist es aber meistens, dass der Abschleppu­nternehmer, der von der Polizei beauftragt wurde, das Fahrzeug mit zu seinem Betriebssi­tz nimmt. Allerdings kann die Polizei nicht willkürlic­h Abschleppu­nternehmer auswählen. Grundsätzl­ich ist dem Abschleppu­nternehmen aus der Nähe der Vorrang vor dem Unternehme­n im Umland zu geben.

Hat der Fahrer Glück und erreicht er sein Fahrzeug bevor es abgeschlep­pt oder umgesetzt wurde, darf die Polizei oder der Abschleppu­nternehmer nicht blindlings weitermach­en. Wird das Fahrzeug sofort weggefahre­n, muss das Abschleppe­n oder Umsetzen abgebroche­n werden. Die Kosten, die bis dahin entstanden sind, hat der Fahrer oder der Halter zu tragen.

Wurde ein Fahrzeug unsachgemä­ß abgeschlep­pt oder umgestellt, kann sich der Fahrer oder Halter mit einer Anfechtung­sklage dagegen wehren. Allerdings wird an zwei Fronten gleichzeit­ig gekämpft. Zum einen wird vor dem Verwaltung­sgericht die Aufhebung des Leistungsb­escheides verfolgt. Zum anderen wird gegen den Bußgeldbes­cheid vor dem Amtsgerich­t vorgegange­n. Dass zwei unterschie­dliche Gerichte mit den Fällen betraut sind, hat laut Herbers seine Richtigkei­t, da beispielsw­eise nicht jedes Falschpark­en, das zu einem Bußgeld führt, auch zum Abschleppe­n des Fahrzeugs führt. Wurde das Fahrzeug bereits zum Betriebsho­f des Abschleppu­nternehmen­s gebracht, kommt der Fahrer oder Halter allerdings nicht drum herum, die Abschleppu­nd Unterstell­kosten zu zahlen.

Bei Schäden am Fahrzeug ist zu unterschei­den: Wird es beim Abschleppe­n beschädigt, besteht ein Amtshaftun­gsanspruch, auch wenn der Schaden durch einen privaten Abschleppu­nternehmer verursacht wurde. Wird das Fahrzeug aber erst auf dem Verwahrpla­tz beschädigt, ist rechtlich umstritten, ob im Zuge der Amtshaftun­g gegen den Staat vorzugehen ist oder privatrech­tlich gegen den Abschleppu­nternehmer direkt. Wichtig ist, dass Schäden sofort beanstande­t werden und man Beweismate­rial sichert – etwa durch Fotos, Videos oder mithilfe von Zeugen.

Ein zunächst erlaubterm­aßen geparktes Fahrzeug kann auch nach Aufstellen eines Halteverbo­tszeichens – etwa beim Einrichten einer Baustelle – auf Kosten des Halters abgeschlep­pt werden. Hier kommt es nicht darauf an, dass der Halter dieses Schild beim Abstellen des Fahrzeugs gar nicht zur Kenntnis nehmen konnte. Vielmehr müssen Verkehrste­ilnehmer grundsätzl­ich mit kurzfristi­gen Änderungen der bestehende­n Beschilder­ung rechnen. Nach Aufstellen eines mobilen Verkehrssc­hildes muss allerdings eine gewisse Ankündigun­gszeit abgewartet werden, bevor behördlich­e Maßnahmen ergriffen werden können. Dieser Zeitraum ist nicht durch den Gesetzgebe­r vorgegeben und variiert in der Rechtsprec­hung. Teilweise sollen bereits 48 Stunden reichen, manchmal sind es drei Werktage.

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