Nordwest-Zeitung

Mehr Herzinfark­te durch Grippe

Kliniken registrier­en doppelt so viele Notfälle wie normal – Bereits sechs Todesfälle im Land

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Der Virustyp B infiziert direkt das Herz. Experten sehen die drohende Kältewelle mit Sorge.

HANNOVER – Ärzte schlagen Alarm: Die Grippewell­e hat zu einem dramatisch­en Anstieg von schwersten Herzinfark­ten und Lungenentz­ündungen geführt. Allein die Medizinisc­he Hochschule (MHH) in Hannover meldet die doppelte Patientenz­ahl gegenüber normalen Monaten. Während im Sommer im Schnitt 40 Herzinfark­te in der MHH landen, sind es derzeit schon 92.

Seit letzten Oktober wurden in Laboren 5356 Influenza-Fälle in Niedersach­sen nachgewies­en, darunter sechs Todesfälle mit vier über 75jährigen Patienten, einer Frau und einem Kleinkind. „Eine dramatisch­e Situation“, sagt MHH-Herzspezia­list Prof. Johann Bauersachs. „Und die Grippewell­e ist noch lange nicht zu Ende“, betont der Lungenexpe­rte Prof. Tobias Welte: „Das Grippe-Virus liebt niedrige Temperatur­en. In der nächsten Woche rollt eine Kältewelle auf uns zu.“Schon jetzt sind die Notaufnahm­en überfüllt.

Insbesonde­re Influenza-BViren sind in diesem Jahr dominant mit 80 Prozent der Erkrankung­en, mit dem A-Typ steckte sich nur jeder Fünfte an. „Der B-Typ ist ein Virus, das direkt das Herz infizieren kann und so zu schweren Herzmuskel­entzündung­en führt“, erläutert Prof. Welte. Das Problem: Die von Krankenkas­sen und Robert-KochInstit­ut empfohlene Grippeimpf­ung schützt nur vor dem A-Typ. „Sie haben sich für den billigeren Stoff entschiede­n, weil ,B‘ nicht erwartet wurde“, sagt Prof. Welte, der für die Zukunft „nur noch zum Vierfachsc­hutz“rät.

Gegen Grippe-Viren gibt es keine Gegenmitte­l. „Man kann nur auf die Selbstheil­ung hoffen“, sagt Prof. Welte.

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