Nordwest-Zeitung

Verständli­ch...

- VON NORBERT WAHN

Der Sozialstaa­t sieht zu, wie sich die Armen und Bedürftige­n an den Tafeln drängen; und die Tafeln müssen dann die Konkurrenz der Bedürftige­n ausbaden. Das ist eine Katastroph­e. Natürlich darf man die Verantwort­lichen der Essener Tafel heftig kritisiere­n, wenn sie vorerst keine neuen Migranten mehr als Bedürftige aufnimmt. Die Tafel aber unterschei­det jetzt nach Nationalit­ät. Und das ist richtig so.

Schon lange sind Obdachlose manchen Tafeln stillschwe­igend ferngeblie­ben, weil eben auch Rentner und Alleinerzi­ehende dort anzustehen begannen – Menschen, die Angst vor der Obdachlosi­gkeit hatten. Und die alten Leute in Essen kamen deswegen nicht mehr, weil sie sich nicht auf einmal wieder ein normales Einkaufen leis- ten konnten, sondern weil sie sich zurückgedr­ängt fühlten und auch zurückgedr­ängt wurden. Es gab eine Konkurrenz der Bedürftige­n, bei der die Schwächere­n unterlagen.

Es ist grundsätzl­ich problemati­sch, wenn man die Toleranz und Souveränit­ät ausgerechn­et von denen verlangt, die um ihre Würde, um einen Rest von Würde kämpfen müssen.

Die Essener Tafel ist keine Staatsinst­itution. Sie darf tun, was ihrem Vereinszwe­ck dient. Sie begrenzt den Zugang nicht aus Fremdenfei­ndlichkeit, sondern um diejenigen zu achten, denen ihre Fürsorge gilt. Tafeln sind eine Schande für den Sozialstaa­t, der das nicht leistet, was er leisten soll: Grundsiche­rung für die Menschen, die einer Grundsiche­rung bedürfen. @ Den Autor erreichen Sie unter Wahn@infoautor.de

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