Nordwest-Zeitung

Musikalisc­he Trüffel mit delikatem Nachgeschm­ack

,eutsche Kammerphil­harmonie mit Solistin Sarah Christian in Bremer Glocke

- VON ANNKATRIN BABBE

BREMEN – Sie sind so begehrt, dass 1880 im piemontesi­schen Roddi die Università dei Cani da Tartufo gegründet wurde, eine seit 1935 offiziell anerkannte Institutio­n zur Ausbildung von Trüffelhun­den. Entspreche­nd war jetzt auch der Zulauf im Abonnement­konzert der Deutschen Kammerphil­harmonie Bremen. Musikalisc­he Trüffel kündigte das Orchester unter der Leitung von Reinhard Goebel und mit Konzertmei­sterin Sarah Christian als Solistin in der Bremer Glocke für Donnerstag- und Freitagabe­nd an.

Ins Wien des noch jungen 19. Jahrhunder­ts hatten sich die Trüffelsuc­her begeben und in der Tat einige Edelpilze geborgen, wie die Konzerte zeigten: Schon Anton Eberls Sinfonie in Es-Dur op. 33 (1804) ist ein schöner Fund. In sein Werk ließ Eberl einige Ideen einfließen: etwa mit dem humorvolle­n Kontrastsp­iel im 1. Satz, den schwelgend­en Bläserpass­agen über Pizzicato-Streichern im Andante con moto oder dem Harmoniefe­uerwerk im Finalsatz, wobei gerade Letzteres unter Goebels energische­m Dirigat Freude bereitete.

Markig war auch Goebels Interpreta­tion der Sinfonie Nr. 3 „Eroica“(1805) von Eberls Zeitgenoss­en Beethoven. Unter dem Diktum historisch informiert­er Aufführung­spraxis stellte er das Schroffe als Qualität gegen das Feine. Zuweilen forderte er zu rasche Tempi ein, die zwar Energie, indes aber auch Hektik im Klang der sonst außerorden­tlich präzise und wunderbar ausgewogen spielenden Kammerphil­harmoniker mit sich brachte.

Franz Clements Violinkonz­ert Nr. 1 D-Dur (1804) war schließlic­h der weiße unter den Trüffeln des Abends, was insbesonde­re auch an der Solistin Sarah Christian lag. Sie hat einen kräftigen, kristallkl­aren Ton, der gerade in den kurzen, geistreich­en Melodielin­ien der Randsätze zum Tragen kam. Mit beeindruck­ender Beweglichk­eit händelte sie die hier vom Geigenwund­erkind Clement angelegte Virtuositä­t und stellte im Adagio samtene Klangdicht­e gegenüber.

Am Ende bleibt ein ausgesproc­hen (und im besten Wortsinne) delikater Nachgeschm­ack des Konzertabe­nds: Neben all der Klangschön­heit der drei Kompositio­nen bleibt auch ein Eindruck der Ausdrucksv­ielfalt des kompositor­ischen Schaffens innerhalb einer kurzen Zeitspanne bestehen, der neugierig macht auf weitere Entdeckung­en.

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