Nordwest-Zeitung

Die perfekte Nachfolger­egelung

Wie der Gründer Torsten Busch aus Hatten zur eigenen Firma kam

- VON RÜDIGER ZU KLAMPEN

Diese Sorge haben viele Handwerksm­eister: Wer führt später meinem Betrieb weiter? Ein Beispiel.

HATTEN/WARDENBURG – An seinen ersten Auftrag als selbststän­diger Unternehme­r erinnert sich Torsten Busch aus Hatten (Landkreis Oldenburg) noch genau: Das Telefon klingelte. Ein Kunde aus Friedrichs­fehn meldete sich: Aus einer Therme leckte Wasser heraus. Der Handwerksm­eister Busch fuhr hin und brachte die Sache in Ordnung. Seit diesem ersten Tag im Herbst 2017 hat er gut zu tun.

Das hat einen Hintergrun­d: Der Existenzgr­ünder Busch (39) hatte einen bereits gut eingeführt­en Betrieb für Heizung und Sanitär übernommen – mit dem Kundenstam­m. Man kann dies als Idealfall einer Nachfolger­egelung im Handwerk ansehen.

Busch übernahm den Betrieb von Heiko Goesmann. Im Gespräch beim Tee bei Busch in Hatten wirkt der 68jährige Gas-, Wasser-, Heizungsun­d Lüftungsba­umeister entspannt und strahlt aus: Alles ist mit Torsten Busch als Nachfolger gut geregelt.

Der Wardenburg­er Goesmann hatte die gleiche Sorge wie viele andere Handwerker auch: Wer soll eines Tages meinen Betrieb übernehmen? Sein Sohn entwickelt­e eigene Pläne – und ist heute Berufsschu­llehrer. So kam bald nur ein Verkauf infrage.

Genau dieses Thema treibt sehr viele Handwerker um. „Allgemein sprechen wir davon, dass bis 2020 voraussich­tlich rund 180 000 Handwerksb­etriebe ihre Nachfolge werden regeln müssen“, berichtet Referatsle­iter Frank Zopp vom Zentralver­band des Deutschen Handwerks in Berlin. Chancen böten sich so auch für alle, die sich selbststän­dig machen möchten.

Die entscheide­nde Entwicklun­g für Goesmann kam im Juni 2017 mit einem Anruf bei der Handwerksk­ammer Oldenburg in Gang. Die hat Spezialist­en für das Thema Betriebsna­chfolge: „Wir drei betriebswi­rtschaftli­chen Berater hier haben 2017 insgesamt rund 130 Nachfolgeb­eratungen für Mitgliedsb­etriebe durchgefüh­rt“, erläutert einer von ihnen, Joachim Hagedorn. Es geht um den ganzen Prozess, einschließ­lich Preisfindu­ng und Start-Hilfe.

Die kurzfristi­ge Antwort Heiko Goesmann (rechts) wollte altersbedi­ngt seinen Heizungsba­u-Betrieb abgeben. Torsten Busch (links) wollte sich selbststän­dig machen. Das passte.

aus der Kammerzent­rale sei „sofort interessan­t“gewesen, erzählt Goesmann. Das war im Sommer 2017. Dann ging es ganz schnell: An einem Freitag gab es ersten Telefonkon­takt, schon am Sonnabend traf er den gründungsw­illigen Torsten Busch – und am Montag war die Sache perfekt, im Grundsatz zumindest. Ein Hauptgrund dürfte darin liegen, dass zwischen Goesmann und seinem potenziell­en Nachfolger die Chemie stimmte – kaum ein Aspekt ist für die Handwerker wichtiger, wie auch Experten bestätigen. Klar, um eine saubere Bilanz, die Bestandsau­fnahme allen Inventars – inklusive Teilelager und Fahrzeug – und schließlic­h die Ermittlung eines fairen Preises führte kein Weg herum. Auch dabei halfen die Experten der Handwerksk­ammer. Am 1. September konnte der junge Meister Thorsten Busch 2017 mit seinem Betrieb starten.

Wie kam er so weit? Busch war in Sandkrug zur Schule gegangen und hatte eine Lehre zum Gas- und Wasserinst­allateur gemacht. Er ging zur Bundeswehr und stieg dann bei seinem ehemaligen Meister mit ein, der sich selbststän­dig gemacht hatte. Busch bildete sich weiter, machte in seiner Freizeit seinen Technische­n Fachwirt und dann den Meister. Nach weiteren Jahren Betriebser­fahrung stand für den jungen Mann fest: Er wollte selbst Unternehme­r werden. „Ich hatte mir schon

lange Gedanken darüber gemacht“, erzählt Busch. Seine Frau Nina (33), eine Maschinenb­auingenieu­rin, nickt. Sie trägt das mit.

Aber wie kommt man als junger Handwerker an einen eigenen Betrieb? Selbst einen aufbauen, über viele Jahre hinweg? Oder einen schon eingeführt­en Betrieb übernehmen? Busch wurde bei der Handwerksk­ammer in Oldenburg vorstellig, man sprach die Sache durch. „Moment“, sagte der Berater sinngemäß, „da haben wir doch etwas.“Tatsächlic­h lagen Kurzbeschr­eibungen von gleich zwei Sanitär- und Heizungsba­ubetrieben aus der Umgebung auf dem Tisch. Deren Eigentümer suchten einen Nachfolger – in Oldenburg und in Wardenburg. Und so trafen sich die Wege des Gründungsw­illigen,

Torsten Busch, und des angehenden Rentners, Heiko Goesmann.

Die Betriebsbe­ratung der Kammer half auch beim Businesspl­an und der Teilfinanz­ierung durch ein Darlehen. Busch nutzte auch Gründermit­tel („Mikro-Starter“) über die N-Bank des Landes. „Einen Teil der erforderli­chen Mittel hatten wir auch schon“, sagt der Familienva­ter.

Und nun läuft der Betrieb schon fast ein halbes Jahr unter neuer Regie. Die übernommen­e Kundenkart­ei mit 550 Haushalten ist eine solide Basis. „Das lief fast von allein“, freut sich Busch über den Start in die neue Phase.

Torsten Busch und seine Frau Nina entwickelt­en dann „ihr Modell“, einschließ­lich der drei Kinder (eins, drei und sechs Jahre), wie es gehen kann: mit Teilzeitar­beit, Hilfe der Eltern, Betrieb am Wohnsitz. Und der Papa fährt die Kinder schon mal zur Kita, bevor es morgens zum ersten Kunden geht. Irgendwie bekommt diese Familie das hin, die Arbeit auch jenseits von „acht bis 16 Uhr“und auch an Wochenende­n, auch mit Notfallein­sätzen. Dann abends die Büroarbeit mit den Rechnungen. „Wichtig ist, dass man das wirklich will. Und die Familie muss das mittragen“, sagt Meister Busch zu der Übernahme des Betriebs.

Heiko Goesmann aber kann sich beim Tee entspannt zurücklehn­en: „Ich bin jetzt im Ruhestand.“

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BILD: JOHANNES BICHMANN

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