Nordwest-Zeitung

Frage nach einziger Religion bleibt ungelöst

Lessings Meisterwer­k „Nathan der 8eise“feiert am Sonntag Premiere im Staatsthea­ter

- VON JENNIFER ZAPS

OLDENBURG – Religion war, ist und bleibt ein Thema, das die Menschen bewegt. Diskussion­en entwickeln sich nicht nur zur eigenen Religion, vor allem der Vergleich der drei großen Weltreligi­onen Christentu­m, Islam und Judentum sorgt für Zündstoff.

Als vor knapp 250 Jahren Gotthold Ephraim Lessing sein Meisterwer­k „Nathan der Weise“schrieb, war das nicht anders. Lessing gehört zu den großen deutschen Schriftste­llern der Aufklärung­N einer Epoche, in der massive Kritik am christlich­en Glauben geübt wurde und fremde Kulturen an Reiz gewannen.

Lessing selber hatte als Herausgebe­r einer Zeitschrif­t für philosophi­sche und religiöse Themen durch bibelkriti­sche Äußerungen den Zorn christlich­er Religionsv­ertreter auf sich gezogen. Nach Streitigke­iten, die in der Zensur seiner Zeitschrif­t gipfelten, schrieb er in nur vier Monaten im Jahr vor seinem Tod den „Nathan“als Antwort.

Nathan ist ein jüdischer Geschäftsm­ann. Als er von einer Geschäftsr­eise heimkehrt erfährt er, dass seine Tochter Recha bei einem Brand von einem christlich­en Tempelherr­n gerettet wurde. Dieser hat ebenfalls einem glückliche­n Umstand sein Leben zu verdanken: Der muslimisch­e Sultan hat ihn als gefangenen Ordensritt­er nur begnadigt, weil er große Ähnlichkei­t mit dessen verstorben­em Bruder aufweist.

Als sich nun der Tempelherr entschließ­t, um Rechas Hand anzuhalten, wird er von Nathan abgewiesen. Denn Nathan trägt ein Geheimnis mit sich herum: Recha ist nicht seine leibliche Tochter und christlich­er Abstammung. Der junge Tempelherr könnte nach Nathans Wissen sogar Rechas Bruder sein. Und auch die Familie des Sultans spielt in diesem Verwandtsc­haftsverhä­ltnis eine Rolle. In der weltberühm­ten Ringparabe­l macht Nathan deutlich, dass es eine einzige wahre Religion nicht gibt.

Das Stück wird ab diesem Sonntag auch im Großen Haus des Staatsthea­ters in einer Inszenieru­ng von Regisseur Klaus Schumacher zu sehen sein. Dramaturgi­n AnnaTeresa Schmidt erklärt den Focus der Oldenburge­r Inszenieru­ng: „Wir haben überlegt, was interessie­rt am meisten. Beim Lesen ist uns aufgefalle­n, dass das Stück eigentlich ein Krimi ist. Es verhandeln Leute, es wird Politik gemacht, es geht um ein Geheimnis, das unter der Oberfläche schwelt.“ Recha (Rebecca Seidel) ist ihrem Vater Nathan (Matthias Kleinert) ganz nah.

Üblicherwe­ise wird Nathan als weiser Mann in den Mittelpunk­t gestellt. Natürlich sind sein Humanismus und der Aufklärung­sgedanke auch für Schumacher und das Team

wichtig, aber man hat sich entschloss­en, einen neuen Weg zu gehen und die Spannung nach vorne zu stellen.

Da die Thematik an sich zeitlos ist, hat man die Hin- weise auf die Zeit der Kreuzzüge weitgehend herausgeno­mmen und textlich etwas angepasst.

Der Handlungso­rt Jerusalem bleibt bestehen. Auch die historisch­e Figur des Sultan Saladin wurde nicht verändert. Beides spielt aber für die Thematik des Stückes keine große Rolle. Die Sprache selber wurde nicht modernisie­rt, nur ein wenig gekürzt. „Wir finden die Sprache nach wie vor toll“, erzählt Schmidt. „Es ist die Kunst der Schauspiel­er, dass sie die Sprache Lessings zur Alltagsspr­ache machen, da sie für unsere Ohren ungewohnt ist.“

In dieser Inszenieru­ng wurde die Handlung ins Diplomaten­milieu verlegt und entspreche­nd schlicht und schick sind die Kostüme der Schauspiel­er, für die Karen Simon verantwort­lich ist. Das Bühnenbild ist noch geheim.

Den Nathan spielt Matthias Kleinert, seine Tochter Recha die Rebecca Seidel. Klaas Schramm tritt als Sultan Saladin auf und der Tempelherr ist Jan Breustedt.

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BILD: STEPHAN WALZL
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