Frage nach einziger Religion bleibt ungelöst
Lessings Meisterwerk „Nathan der 8eise“feiert am Sonntag Premiere im Staatstheater
OLDENBURG – Religion war, ist und bleibt ein Thema, das die Menschen bewegt. Diskussionen entwickeln sich nicht nur zur eigenen Religion, vor allem der Vergleich der drei großen Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum sorgt für Zündstoff.
Als vor knapp 250 Jahren Gotthold Ephraim Lessing sein Meisterwerk „Nathan der Weise“schrieb, war das nicht anders. Lessing gehört zu den großen deutschen Schriftstellern der AufklärungN einer Epoche, in der massive Kritik am christlichen Glauben geübt wurde und fremde Kulturen an Reiz gewannen.
Lessing selber hatte als Herausgeber einer Zeitschrift für philosophische und religiöse Themen durch bibelkritische Äußerungen den Zorn christlicher Religionsvertreter auf sich gezogen. Nach Streitigkeiten, die in der Zensur seiner Zeitschrift gipfelten, schrieb er in nur vier Monaten im Jahr vor seinem Tod den „Nathan“als Antwort.
Nathan ist ein jüdischer Geschäftsmann. Als er von einer Geschäftsreise heimkehrt erfährt er, dass seine Tochter Recha bei einem Brand von einem christlichen Tempelherrn gerettet wurde. Dieser hat ebenfalls einem glücklichen Umstand sein Leben zu verdanken: Der muslimische Sultan hat ihn als gefangenen Ordensritter nur begnadigt, weil er große Ähnlichkeit mit dessen verstorbenem Bruder aufweist.
Als sich nun der Tempelherr entschließt, um Rechas Hand anzuhalten, wird er von Nathan abgewiesen. Denn Nathan trägt ein Geheimnis mit sich herum: Recha ist nicht seine leibliche Tochter und christlicher Abstammung. Der junge Tempelherr könnte nach Nathans Wissen sogar Rechas Bruder sein. Und auch die Familie des Sultans spielt in diesem Verwandtschaftsverhältnis eine Rolle. In der weltberühmten Ringparabel macht Nathan deutlich, dass es eine einzige wahre Religion nicht gibt.
Das Stück wird ab diesem Sonntag auch im Großen Haus des Staatstheaters in einer Inszenierung von Regisseur Klaus Schumacher zu sehen sein. Dramaturgin AnnaTeresa Schmidt erklärt den Focus der Oldenburger Inszenierung: „Wir haben überlegt, was interessiert am meisten. Beim Lesen ist uns aufgefallen, dass das Stück eigentlich ein Krimi ist. Es verhandeln Leute, es wird Politik gemacht, es geht um ein Geheimnis, das unter der Oberfläche schwelt.“ Recha (Rebecca Seidel) ist ihrem Vater Nathan (Matthias Kleinert) ganz nah.
Üblicherweise wird Nathan als weiser Mann in den Mittelpunkt gestellt. Natürlich sind sein Humanismus und der Aufklärungsgedanke auch für Schumacher und das Team
wichtig, aber man hat sich entschlossen, einen neuen Weg zu gehen und die Spannung nach vorne zu stellen.
Da die Thematik an sich zeitlos ist, hat man die Hin- weise auf die Zeit der Kreuzzüge weitgehend herausgenommen und textlich etwas angepasst.
Der Handlungsort Jerusalem bleibt bestehen. Auch die historische Figur des Sultan Saladin wurde nicht verändert. Beides spielt aber für die Thematik des Stückes keine große Rolle. Die Sprache selber wurde nicht modernisiert, nur ein wenig gekürzt. „Wir finden die Sprache nach wie vor toll“, erzählt Schmidt. „Es ist die Kunst der Schauspieler, dass sie die Sprache Lessings zur Alltagssprache machen, da sie für unsere Ohren ungewohnt ist.“
In dieser Inszenierung wurde die Handlung ins Diplomatenmilieu verlegt und entsprechend schlicht und schick sind die Kostüme der Schauspieler, für die Karen Simon verantwortlich ist. Das Bühnenbild ist noch geheim.
Den Nathan spielt Matthias Kleinert, seine Tochter Recha die Rebecca Seidel. Klaas Schramm tritt als Sultan Saladin auf und der Tempelherr ist Jan Breustedt.