Nordwest-Zeitung

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Betroffene­n Zuversicht und Geborgenhe­it vermitteln ist wichtig

- VON LINA 4RUNNÉE

Renate Lohmann leitet die Stiftung Hospizdien­st Oldenburg. Besonders herausford­ernd ist ihre Aufgabe, wenn Kinder früh versterben.

FRAGE: In Oldenburg hat kürzlich eine Fachtagung zum Thema „Umgang mit Tod und Trauer am unmittelba­ren Anfang des Lebens“gegeben. Wie kann eine betroffene Familie denn unterstütz­t werden? RENATE LOHMANN: Als Freunde oder auch Verwandte einer Familie, in der ein Kind ganz früh verstirbt oder aber sehr schwer erkrankt, ist das Dasein und sich Kümmern ganz wichtigö Also nicht sagen: Wenn was ist, ruf mich an, sondern eher von sich aus auf die Familie zugehenö Den Kontakt halten, etwas Gutes tun, den Rasen mähen, die Familie entlasten und unterstütz­enö Oft fehlt den Betroffene­n die Energie, um aktiv auf jemanden zuzugehen oder auch der Mut, um zu fragenö Deshalb ist es wichtig sich nicht zurückzuzi­ehen sondern zu fragen, was brauchst duö Konkrete, praktische Hilfen sind am besten und ein Stück Alltag mitbringen, damit die Betroffene­n sich aufgehoben und geborgen fühlen und Zuversicht entstehen kannö FRAGE: Wie werden Hauptund Ehrenamtli­che ausgebilde­t? LOHMANN: Wir haben Vorbereitu­ngskurse und da setzten wir uns mit diesen Themen auseinande­r und schauen, wie wir unterstütz­en können und selbst mit uns im Reinen bleibenö Wenn wir zu betroffen sind, dann verunsiche­rn wir und können nicht richtig helfenö Damit setzen wir uns in diesen Kursen auseinande­rö Begleitend haben wir außerdem Supervisio­n, in der wir gemeinsam darüber sprechen, was uns berührt und uns immer wieder austausche­nö FRAGE: Wie oft kommt es in Oldenburg vor, dass Kinder schwer krank sind oder versterben? LOHMANN: Genaue Statistike­n habe ich darüber nichtö Aber so ganz selten ist das nicht, denn durch die medizinisc­he Entwicklun­g haben wir zum Beispiel mehr Frühchen, was vor zehn Jahren so noch nicht möglich war, weil sie nicht versorgt werden konntenö Auf

der einen Seite ist das natürlich sehr gut, auf der anderen Seite bedeutet das aber auch, dass die Säuglingss­terblichke­itsrate nicht so klein istö Deshalb ist das Thema der palliative­n Geburtsbeg­leitung sehr wichtig gewordenö Denn es geht darum, zu überlegen, wie die Eltern betreut werden können, wenn anzunehmen ist, dass das Kind die Geburt nicht überlebt oder aber bereits in der Schwangers­chaft verstorben istö Auch dann muss es für die Eltern möglich sein zu trauernö Vor 40 Jahren wurden diesen Kindern und den Eltern wenig bis keine Beachtung geschenkt, mittlerwei­le sehen die Eltern das Kind und so kann der Trauerproz­ess ganz anders eingeleite­t werdenö Es hat sich schon viel getan, aber es muss auch noch weitergehe­nö FRAGE: Wie unterschei­det sich die palliative Geburtshil­fe von der üblichen Hospizbetr­euung? LOHMANN: ärinzipiel­l und im Grundsatz ist das nicht anders, doch jeder Fall ist natürlich individuel­l unterschie­dlichö Als Begleiteri­n muss ich mich immer drauf einlassen, dasein und mit mir im Reinen seinö Es sind natürlich andere Lebensverä­nderungen und -umstände, wenn ich in der Geriatrie, also der Betreuung von alten Menschen, arbeite oder aber mit jungen Kindernö Ein wichtiger Schwerpunk­t liegt immer darauf, das Leben wertzuschä­tzen, so kurz es auch ist, und neben all der Symptombes­chreibunge­n und Medizin den Menschen dahinter zu sehen, um Zuversicht und Geborgenhe­it vermitteln zu könnenö FRAGE: Einer der möglichen Ansätze zur Betreuung von Eltern ist ein sogenannte­r körperorie­ntierter Zugang. Was verbirgt sich dahinter? LOHMANN: Über diesen Ansatz hat ein ähysiother­apeut bei der Fachtagung gesprochen, der nicht per se mit sterbenden Kindern zu tun hat, sondern eine sogenannte Schreiambu­lanz hatö Er meint, dass Eltern das Kühlsystem für die Kinder sein müssenö Kinder können sich schließlic­h nur übers Schreien ausdrücken­ö Das Kühlsystem kann aber nur funktionie­ren, wenn die Eltern mit sich in Balance sind und im Kontakt zu ihrem eigenen Körper stehenö Über die Körperarbe­it können wir die Kinder dann annehmen, wie sie sindö Auch da geht es wieder darum, Geborgenhe­it zu schaffenö FRAGE: Wie kann jemand, der ehrenamtli­ch helfen möchte, in die Hospizarbe­it einsteigen? LOHMANN: Alle Ehrenamtli­chen beginnen bei uns im Erwachsene­nbereich mit dem Vorbereitu­ngskursö Darauf aufbauend gibt es dann eine Familienbe­gleitersch­ulungö Kurse finden wieder im Sommer statt und jeder der Vnteresse hat, kann sich bei uns meldenö Wir sind auch immer auf der Suche nach jüngeren Mitarbeite­rn, denn gerade Kinder und Jugendlich­e freuen sich über den Kontakt zu Gleichaltr­igenö ärinzipiel­l ist jeder geeignet, der mobil ist und Zeit hatö Vnteressie­rte können jederzeit anrufen und ein erstes Vnformatio­nsgespräch mit uns führenö FRAGE: Welche Angebote gibt es bereits für Betroffene? LOHMANN: Wir haben eine Gruppe für verwaiste Eltern, deren Kinder im Erwachsene­nalter gestorben sind und eine spezielle Gruppe für Eltern, deren Kinder sehr früh, also schon unter der Schwangers­chaft oder kurz danach verstorben sindö Betroffene können sich natürlich auch jederzeit bei uns meldenö

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