Unternehmensgewinne steigen stärker
Betrifft: „Wie sehen Sie das, Haselier? – Anders, Will!“, Hintergrund, 27. Januar
Herr Doktor Will neigt zur Dramatik („Albtraum“, „Katastrophe“), zur Abwertung („gewissen- und rückgratlos“) und zur Polemik („da könnte jeder Arme eine Million verdienen“). Und er ist undifferenziert: „Natürlich zahlen Menschen mit höherem Einkommen auch sehr viel höhere Steuern“, behauptet er. Natürlich nicht; solange sie ihr Einkommen aus Kapitalerträgen erzielen, bezahlen sie nur 25 Prozent Steuern. Die Mehrheit derer, die für ihr Einkommen arbeiten müssen, zahlt mehr. Mit dem Satz „Die Erzählung von der Verelendung des Landes ist ein Märchen“entzieht sich Herr Will gänzlich der Realität. Früher haben
Obdachlose die Pfandflaschen aus den Abfalleimern geklaubt, heute sind es die Armutsrentner. Und ausgerechnet Gewerkschaften als erstes und einziges Beispiel für Lobbyismus zu nennen, braucht schon einiges an Chuzpe, weil andere Lobbyisten offensichtlich sehr viel mehr Einfluss oder Erfolg haben: die Unternehmensgewinne steigen seit Jahren stärker als die Einkommen der Angestellten und Arbeiter.
Was bedeutet es für mich als Leser der Ð, wenn der Nachrichtenchef meiner Zeitung sich freut, wenn die SPD erledigt und Kanzlerin Merkel am Ende ist und die Linkspartei bekämpfen will. Ist das der Grund, warum ich mich von der Ð zeitweise einseitig statt umfassend informiert fühle? Ist ein meinungsstarker Journalist mit dieser Berufsauffassung nicht in der Position eines Pressesprechers einer ihm genehmen Partei besser aufgehoben? (...) Daher wünsche ich mir umfassende und möglichst neutrale Informationen, an Hand derer ich mir meine eigene Meinung bilden kann (...).
Jürgen Rohde Oldenburg