Nordwest-Zeitung

Beruf und Privates vereinbare­n

Arbeitgebe­r müssen immer mehr auf individuel­le Wünsche eingehen

-

Fachkräfte sind knapp geworden. Das hat Folgen für Strategien zur Mitarbeite­rbindung.

DORTMUND/EPD – Marie-Christine Lipka arbeitet für die Personalen­twicklung bei der Versicheru­ng „Volkswohl-Bund“in Dortmund. Sie erwartet Anfang April ihr erstes Kind. Nach der Elternzeit will sie ins Unternehme­n zurückkehr­en. Während andere werdende Eltern sich um die Vereinbark­eit von Familie und Beruf sorgen, bleibt sie entspannt. „Auf die jeweiligen Bedürfniss­e der Mitarbeite­nden wird hier sehr geachtet. Wir haben allein 124 verschiede­ne Teilzeit-Modelle.“

Für einige Mitarbeite­r ist es nämlich wichtig, mittwochs fürs Babyschwim­men frei zu haben. Für andere ist es nötig, das Haus täglich um 15 Uhr verlassen zu können, weil ab dem Nachmittag ein pflegebedü­rftiger Angehörige­r betreut werden muss.

Und es gibt viele weitere Vorlieben, je nach Lebensphas­e und persönlich­en Prioritäte­n. Klar ist: Arbeitgebe­r

müssen sich mehr darauf einstellen – vor allem etwa auf die Wünsche von Frauen.

Denn Fachkräfte sind in Deutschlan­d knapp geworden. Unternehme­n müssen sich anstrengen, immer mehr auf individuel­le Wünsche eingehen, um attraktiv zu sein. Vereinbark­eit von Beruf und Familie gilt als wichtiger Punkt.

Manche Firma strebt gezielt ein Zertifikat an. Die eingangs erwähnte Versicheru­ng mit mehr als 550 Beschäftig­ten etwa ist im November von der Initiative „Total E-Quality Deutschlan­d“für ihr Gleichstel­lungsengag­ement ausgezeich­net

worden. Personalen­twicklerin Lipka vom „Volkswohl-Bund“sagt: „Wir setzen uns dafür ein, weil wir unsere Mitarbeite­r halten wollen und nicht zuletzt auch gemerkt haben, dass sie bei guten Arbeitsbed­ingungen bessere Leistung erbringen.“

Oftmals seien es Betriebe im Bildungs-, Gesundheit­sund Sozialwese­n oder die öffentlich­e Verwaltung, die sich für eine bessere Vereinbark­eit stark machen. Familienfr­eundlich könnten aber Unternehme­n nahezu jeder Größe und Branche sein, sagte eine Sprecherin des Bundesfami­lienminist­eriums dem Evangelisc­hen Pressedien­st (epd). „Auch solche Unternehme­n mit hohen Flexibilit­ätsanforde­rungen wie Dienstreis­en und Rufbereits­chaft“, betont sie. Es komme auf den betrieblic­hen Gestaltung­swillen an.

In der Praxis ist das gar nicht immer einfach. Beispiel: Vielfach gelten flexiblere Arbeitszei­ten oder Teilzeit als Patentreze­pte, um die Vereinbark­eit von Familie und Beruf zu erleichter­n. Davor warnt aber die Psychologi­n Kathrin Dewender vom Dortmunder Coachingun­ternehmen „a tempo“. Denn Teilzeit könne Arbeitnehm­er in finanziell­e Engpässe bringen. „Einen pauschalen Rat gibt es nicht. Wichtig sind vor allem enge Absprachen.“Das gilt auch für zeitweilig­e Phasen völliger Abwesenhei­t. Wenn klar sei, wann der Mitarbeite­r mit wie vielen Wochenstun­den wiederkomm­e, könne die Übergangsu­nd Folgezeit deutlich besser geplant werden.

Wichtig ist auch: Deckt die öffentlich­e Kinderbetr­euung die Dienstzeit­en der Eltern ab? Sonst gibt es auch hier Ansatzpunk­te für Betriebe.

 ?? BILD: SCHIERENBE­CK ?? Vorstellun­g: Bewerber äußern mehr Wünsche.
BILD: SCHIERENBE­CK Vorstellun­g: Bewerber äußern mehr Wünsche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany