Ie Natur hat es nicht leicht
Warum der Umweltschutz so oft untergeht – selbst im Koalitionsvertrag
Die Umwelt hat es nicht leicht. Eines der bekanntesten Logos, das sich für eine gesunde Umwelt einsetzt, ist für mich das „Atomkraft? Nein Danke!“-Logo. Eine lachende rote Sonne auf gelbem Grund erinnert daran, dass es auch eine Alternative zur Atomenergie geben kann, eben die Sonnenergie.
Heute gibt es viel mehr Sonnen- und Windenergie als in den 70er Jahren. Gesünder ist der Planet aber immer nochnicht.
Umweltschutz ist kein Kind des Dieselmotors, auch wenn es zurzeit so aussieht. Verfolgt man die Nachrichten, kann man den Eindruck gewinnen, dass das Überleben der Menschheit aktuell nicht von einem gesunden blauen Planeten abhängt, sondern von einer blauen Plakette oder einem Elektromotor.
Das hat natürlich einen guten Grund. Das Auto ist dem Menschen näher als ein nur unter einem Mikroskop wahrnehmbares Stück Mikroplastik. Der abgemagerte Eisbär, der über karge Steine statt über eine endlose Schneelandschaft tapert, ist zwar dramatisch und traurig, aber für viele Menschen doch sehr weit weg. Da überprüft der Europäer den Zustand des Ökosystems doch lieber an den zermatschten Insekten auf seiner Windschutzscheibe. Freie Sicht im Sommer verheißt da nichts Gutes.
Sowieso stößt der Umweltschutz immer dann an seine Grenzen, wenn der Verbraucher sein Verhalten aktiv ändern muss. Weniger Plastik benutzen? Schwierig, wenn bald Lebensmittel per Amazon und damit im Internet eingekauft werden. Müllvermeidung?
Ich trenne den Müll doch schon, und die Flasche aus Plastik ist meist günstiger als die aus Glas.
Gibt es jedoch eine einfache Lösung für ein Umweltproblem, eine am besten kostenneutrale Abschaltvorrichtung quasi, ist der Deutsche gerne bereit, „aktiv“mitzumachen. Bleifreies Benzin tankt heute jeder. Das Resultat: Die Bleikonzentration im Blut ist seit den 90er Jahren deutlich gesunken.
Wir können Umweltschutz – wenn es uns nur leicht gemacht wird. Das Treibmittel FCKW gibt es in der Deodose schon lange nicht mehr. Über phosphatfreie Waschmittel wird heute auch kein Wort mehr verschwendet, was vielen Gewässern nachweislich zugutekam. Phosphate aus der Landwirtschaft … da sieht es schon wieder anders aus. Für den Diesel gibt es keine Abschaltvorrichtung, aber eine Software – klappt trotzdem nicht. Tja, Pech gehabt liebe Umwelt.
Wir können noch so sehr die Fahne des Umweltschutzes hochhalten. So lange Umweltschutz für viele Menschen unbezahlbar ist, bleibt die Erde ein Patient für die Intensivstation. Und: So lange wirklich niemand mehr weiß, was im Umwelt- oder Klimaoder Naturschutz nun richtig ist, bewegt sich erst einmal gar nichts.
Bessere Luft dank kostenlosem öffentlichen Personennahverkehr? Klappt, wenn wir eine „Bürgerabgabe von 15 Euro“erheben, lässt sich der Grünenpolitiker Boris Palmer zitieren. Womit das Wort „kostenlos“seine Bedeutung verliert. Gehören zu einem kostenlosen Bus-Angebot nicht auch mehr Busse und eine bessere ländliche Anbindung? Wie umweltfreundlich ist eigentlich der Strom für Elektroautos? Würde es den Atemwegen nicht schon helfen, wenn wir unsere Städte nicht zubauten, sondern wichtige Frischluftschneisen zuließen?
Im neuen Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD lässt die Große Koalition starke Zweifel aufkommen, dass sie es mit dem Umweltschutz ernst meint. Wenn es um Klimaziele geht, tauchen dort Phrasen auf wie (ich zitiere): „Wir setzen das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Klimaschutzplan 2050 mit den für alle Sektoren vereinbarten Maßnahmenpaketen und Zielen vollständig um und werden Ergänzungen vornehmen, um die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen.“Oder, noch besser: „Das Minderungsziel 2030 wollen wir auf jeden Fall erreichen.“
Konkret geht anders. Das klingt ja nun mehr nach „Weiter so“. Aber selbst diesen Begriff verbinden heute mehr Menschen mit der Politik der Bundeskanzlerin als mit Umweltschutz. Nein wirklich, die Umwelt hat es nicht leicht.