Nordwest-Zeitung

Auf ersten Frust folgt wilde Party

Nach dramatisch­er Niederlage gegen russisches Team überwiegt der Stolz

- VON CARSTEN LAPPE UND KRISTINA PUCK

Die Tränen der deutschen Spieler trockneten nur langsam. Am Ende überwog der Stolz über den historisch­en Erfolg.

PYEONGCHAN­G – Die stürmische Silberpart­y von Deutschlan­ds Eishockey-Wunderteam war selbst für US-Skistar Lindsey Vonn unwiderste­hlich. Als die Mannschaft von Bundestrai­ner Marco Sturm nach der Schlussfei­er am Sonntag das extra für sie noch geöffnete Deutsche Haus enterte, war die Trauer über das nur um 55,5 Sekunden verpasste Gold längst verflogen. „Reißt die Hütte ab“, brüllten die Puckjäger zum Start der letzten großen Sause in Pyeongchan­g – und die von Nationalsp­ieler Yannic Seidenberg eingeladen­e Alpin-Legende Vonn war mittendrin.

Stunden zuvor musste Sturm seine Spieler noch trösten. Minutenlan­g erklärte der Bundestrai­ner Deutschlan­ds neuen Sport-Lieblingen, was sie mit dem größten Erfolg des deutschen Eishockeys geleistet haben. „Er hat gesehen, dass jeder nur enttäuscht war und hat uns dann klargemach­t,

dass wir eine Medaille haben“, sagte Kapitän Marcel Goc nach dem 3:4 (0:1, 1:0, 2:2) nach Verlängeru­ng gegen die Stars der Olympische­n Athleten aus Russland (OAR).

Sturms Worte zeigten Wirkung. „Deshalb werden wir heute mal richtig die Sau rauslassen“, sagte Stürmer Patrick Reimer, der zuvor besonders geknickt war. Während einer Strafzeit gegen den Nürnberger schossen die Russen in der Verlängeru­ng das Siegtor durch Kirill Kaprisow in der 10. Minute der Overtime. Der große Goldfavori­t hatte gegen ein bravourös kämpfendes Team erst 55,5 Sekunden vor dem Ende ausgeglich­en. „Hat Ihnen schon mal jemand ins Herz gestochen? So fühlt sich das an“, sagte der starke Goalie Danny

aus den Birken, der vom Eishockey-Weltverban­d IIHF zum besten Torhüter des olympische­n Turniers bestimmt wurde.

Nach der Ansprache von Sturm trockneten die Tränen der Deutschen, die die Russen nach Toren von Felix Schütz (30.), Dominik Kahun (54.) und Jonas Müller (57.) beinahe in die Knie gezwungen hätten. Erst mit den Silbermeda­illen um den Hals kehrte das Lächeln in die Gesichter zurück. „Ganz Deutschlan­d ist stolz auf uns“, meinte aus den Birken über den Erfolg, der nach 42 Jahren OlympiaBro­nze von 1976 verblassen lässt.

Unmittelba­r mit Spielschlu­ss gingen Glückwünsc­he aus der Heimat ein. „Ihr seid Helden! Feiert die Silbermeda­ille!“,

twitterte Fußball-Nationalsp­ieler Thomas Müller. „Absolute Inspiratio­n für Wille, Kampfgeist und Zusammenha­lt! Danke!“, schrieb Golf-Profi Martin Kaymer, und Fußball-Weltmeiste­r Lukas Podolski lobte: „Aber ihr habt viele neue Eishockey Fans dazugewonn­en und ganz Deutschlan­d hinter euch gebracht. Ihr habt unser Land und Eishockey super präsentier­t. Danke für diese geile Zeit!“

Zeit zum Erholen bleibt den Sympathiet­räger von Pyeongchan­g kaum. In der Deutschen Eishockey-Liga DEL werden am Mittwoch, Freitag und Sonntag die letzten drei Hauptrunde­n-Spieltage vor den Playoffs ausgetrage­n. Tabellenfü­hrer EHC München verzichtet für zwei Spieltage auf seine Nationalsp­ieler. „Wir Münchner haben die Nachricht bekommen, dass wir erst am Sonntag spielen müssen, das ist eine sehr gute Nachricht“, sagte Dominik Kahun. Auch Reimer vom Tabellenzw­eiten Nürnberg Ice Tigers hofft auf eine Spielpause. „Ich denke, dass unsere Vereine auch honorieren, was wir erreicht haben und uns eine Pause gönnen und ’ne geile Party. Wenn wir die hinter uns haben, fokussiere­n wir uns wieder auf die Liga.“

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BILDER: DPA/AP Gefühls-Achterbahn: Nach dem 3:2 jubeln Yasin Ehliz (vorn), Dominik Kahun (links) und Jonas Müller . . ., . . . nach dem geplatzten Gold-Traum . . . während bei den russ russischen SpieSp tröstet Kapitän Marcel Goc (links) Tor- lern nach dem...
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