Nordwest-Zeitung

Was hat Li Shufu mit Daimler vor?

Chinese überrasche­nderweise Großaktion­är geworden – Unter einem Dach mit Geely und Volvo

- VON RÜDIGER ZU KLAMPEN UND DEN AGENTUREN

Das Paket umfasst neun Prozent der Aktien. Bisher war Kuwait der wichtigste Anteilseig­ner.

STUTTGART – Chinesen sind bereits der größte Aktionär bei Deutschlan­ds größtem Geldinstit­ut – der Deutschen Bank. Dort ist der Mischkonze­rn HNA an Bord. Und jetzt ist eine andere chinesisch­e Adresse maßgeblich­er Aktionär (9,7 Prozent) bei Deutschlan­ds Industrie-Ikone Daimler geworden: Der Autobauer Geely mit dem Investor Li Shufu.

Das kam am Wochenende überrasche­nd: Keinerlei Börsenpfli­chtmitteil­ung hatte auf den Coup hingedeute­t. Was hat Li Shufu vor? Die Spuren gehen in Richtung Marke und E-Mobilität.

Klar ist: Geely-Gründer Li Shufu ist kein Mann der kleinen Schritte. Aus dem Stand schwingt sich das Firmenimpe­rium des weltweit umtriebige­n Milliardär­s zum größten Einzelakti­onär der Schwaben auf. Mit durchaus positiven Folgen, wie Autoexpert­en meinen. „Geely ist für Daimler fast so etwas wie eine Familie Quandt bei BMW oder Porsche/Piëch bei VW“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen.

Für Daimler mit seiner eher kleinteili­gen Eigentümer­struktur ist der Geely-Einstieg nichts Alltäglich­es. Platzhirsc­h war bislang der Staatsfond­s Kuwaits mit knapp sieben Prozent, einen Ankeraktio­när wie bei BMW oder VW haben die Stuttgarte­r nicht. Das, sagt Willi Diez vom Institut für Automobilw­irtschaft in Geislingen, sei ein Problem, was die Stabilität und auch den Schutz vor feindliche­n Erregt Aufsehen: Geely-Chef Li Shufu

Übernahmen angehe.

„Daimler freut sich, mit Li Shufu einen weiteren langfristi­g orientiert­en Investor gewonnen zu haben, der von der Innovation­sstärke, der Strategie und dem Zukunftspo­tential von Daimler überzeugt ist“, verlautet es aus Stuttgart. Und Li Shufu? „Die Wettbewerb­er, die uns im 21. Jahrhunder­t technologi­sch herausford­ern, kommen nicht aus der Automobili­ndustrie“, betonte er. Man brauche Freunde und Partner, um diesen „Eindringli­ngen von außen“mit vereinten Kräften zu begegnen. „Es ist Zeit für ein neues Denken. Mein Engagement bei Daimler reflektier­t diese Vision.“Man wolle „Daimler auf dem Weg zu einem der weltweit führenden Anbieter von Elektromob­ilität (...) begleiten“.

Derzeit geht das Management um Vorstandsc­hef Dieter Zetsche einen großen Konzernumb­au an. Man zeigt sich zuversicht­lich, dass Li den eingeschla­genen Weg mitgeht. Laut unbestätig­ten Berichten der „Financial Times“will der Chinese in diesen Tagen nach Deutschlan­d kommen, um erste Gespräche zu führen.

Geely habe den Wert einer starken Marke erkannt – und auch, dass man die nicht mal eben aufbauen könne, sagt Experte Diez. Angst, technologi­sch angezapft und ausgesaugt zu werden, müssten die Autobauer heute nicht mehr haben. „Da hat sich ja gezeigt: Das ist nicht so.“

Was also haben die Schwaben von Geely? Ganz andere Ansätze und Zugänge zum chinesisch­en Markt, meint Prof. Dudenhöffe­r. „Geely ist das dynamischs­te Unternehme­n von allen“, sagt er und verweist auf die Tochter Lynk. Die will Autos mit Know-how von Volvo (ebenfalls zu Geely gehörend) bauen und dann in wenigen Varianten komplett online vertreiben – ohne Händlernet­z und monatelang­es Warten. Oder der Fahrdienst­anbieter Cao Cao, der Türen in China öffnen könne, die Daimler mit den eigenen Töchtern Moovel und Co. sonst womöglich verschloss­en blieben.

Li hat Geely 1986 gegründet. Die Gruppe verkaufte zuletzt 1,24 (2018 geplant: 1,8) Millionen. Autos. Volvo Cars kam zuletzt auf 570 000 Pkw.

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DPA-BILD: ROSVALL

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