Zwischen Lässigkeit und Ernsthaftigkeit unterwegs
Monet Bläserquintett und Pianist Helge Aurich überzeugen beim Kunstverein
&LDENBURG – Einem so kultivierten Menschen wie Francis Poulenc darf man eine gewisse Feinheit unterstellen. Etwa in der Art, dass er jemanden höflich bittet, die Brille abzusetzen, bevor er ihm eine langen würde. Denn zuschlagen kann der Franzose ja durchaus, kurz, ansatzlos.
Voll trifft der Komponist. Nicht mit der Faust ins Auge. Aber der frech hereinkrachende Auftakt in sein Sextett FP 100 für Klavier und Bläser von 1939/40 erzielt einen Wirkungstreffer. Da macht Poulenc im 4. Meisterkonzert des Kunstvereins OKV den Hörern schlagartig klar, dass sie bei ihm, wenn’s recht wäre, doch auf alles gefasst sein mögen.
Ruppigkeiten führt er im Angebot. Dann bezirzt er mit einschmeichelnder Gesanglichkeit. Und manchmal bleiben Fragen: Ist das lässig ernsthaft oder ernsthaft lässig? Das kann er doch wohl so nicht meinen? Oder etwa doch? So sind die erfreulich vielen Zuhörer im Alten Landtag gleich elektrisiert. Das Monet Bläserquintett und der Pianist Helge Aurich treffen so auf gut eingestimmte Ohren für ihre höchst ausgefeilte technische und gestalterische Kunst.
Anissa Baniahmad (Flöte), Nicolas Cock-Vassiliou (Oboe), Nemorino Scheliga (Klarinette), Marc Gruber (Horn) und Theo Plath (Fagott) bilden seit 2013 diese Fünfer-Bande. Es sind Preisträger deutscher und internationaler Wettbewerbe, im professionellen Ensemblespiel in Orchestern in Frankfurt, Stuttgart und Saarbrücken erprobt und individuell voller Ideen in der delikaten Tongebung. Das bringt einen Musiziergeist zusammen, wie ihn in dieser Verschmelzung solche Quintette nicht oft erreichen. Die Fünf spielen nicht nur prächtig zusammen, sondern vor allem auch innerlich wundervoll miteinander.
Hinzu kommt ein Pianist, der ganz kammermusikalisch mit dem Quintett verschmilzt. Im Sextett von Louise Farrenc c-Moll op. 40 greift der Stuttgarter Dozent Aurich in den Solopassagen herzhaft zu, aber er spielt sich nie unangemessen auf. Das kommt dem Flügel entgegen, der grundsolide klingt, aber auch nicht nach mehr. Farrenc (18041875) hat sozusagen Heimspiel. Die überaus unabhängige Pariser Klavierprofessorin ist erst durch ein Forschungsprojekt der Oldenburger Universität zu neuer Anerkennung gelangt.
Gegenüber den inmitten von Gewissheiten stets Zweifel schürenden Maskenspielen eines Poulenc oder dem gefassten Ernst einer Farrenc mögen Franz Danzi (Bläserquintett B-Dur op. 58/1) oder Mozart (Klavierquintett EsDur KV 452) netter wirken. Doch die Monets nehmen nichts mit Nebenluft. In ruhigen Tempi atmet ihr Mozart Andächtigkeit und Humor. Und dass Danzi vom schmiegsamen Celloklang kommt, lassen sie beglückend hören. Wie so ein erster Eindruck eben täuschen kann!