Sicher durch den Straßenverkehr
Neun von 17 getesteten Modellen sind gut – Fehlendes Werkzeug erschwert Montage
Die Stiftung Warentest hat 17 Kinderfahrradsitze getestet. Vom Baumarktprodukt bis zu Markenherstellern. Sie kosten zwischen 30 und 150 Euro.
BERLIN/KU – Ob vorne am Lenker oder hinter dem Sattel: Fahrradsitze für Kinder sollen die Kleinen sicher durch den Straßenverkehr bringen. Doch nicht alle können das, wie ein Vergleich der Stiftung Warentest zeigt („test“, 3718). Vier Sitze sind mangelhaft, darunter zwei Britax Römer. Im Jockey Comfort und im Jockey Relax lassen sich die Anschnallgurte zu leicht lösen.
Die Stiftung Warentest hat 17 Kinderfahrradsitze getestet. Vom Baumarktprodukt bis zu Markenherstellern wie Hamax und Thule. Sie kosten zwischen 30 und 150 Euro. Sowohl für die Montage vor als auch hinter dem Fahrer gibt es gute Sitze.
Verschlüsse ein Risiko
Die Verschlüsse der weit verbreiteten Sitze Jockey Comfort und Jockey Relax von Britax Römer lassen sich kinderleicht öffnen – ein unnötiges Sicherheitsrisiko. Um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten, verlangt die Prüfnorm für Kinderfahrradsitze, dass die Anschnallgurte entweder mit zwei separaten Handbewegungen zu öffnen sind oder mit einer Kraft von mindestens 40 Newton. Die Verschlüsse der beiden Jockeys von Britax Römer lassen sich mit einem Griff und einer Kraft von etwa 20 Newton lösen. Knopf drücken, den Stecker ziehen – das schaffen selbst kleine Kinder. Eltern bemerken es möglicherweise nicht, da die Sitze hinter dem Fahrer montiert werden.
Die Stiftung Warentest informierte Britax Römer vorab über die Messergebnisse. Das Unternehmen legte ein Gutachten vor, nach dem die Jockeys die Norm einhalten. Darüber hinaus schickte Britax Römer einen internen Prüfbericht, der darauf hinwies, dass bei den Messungen die Gurte
vorgespannt waren. Die Tester prüften daraufhin weitere Exemplare der Sitze, auch mit gespannten Gurten. Wieder ließen sich die Verschlüsse kinderleicht öffnen.
Auf die Frage, ob verunsicherte Eltern Sitz oder Verschlüsse umtauschen können, antwortete das Unternehmen: „Falls ein Produkt beschädigt ist, tauschen wir es natürlich im Rahmen der normalen Garantie aus.“Zu leicht zu öffnende Verschlüsse zählen jedoch nicht dazu.
Zwei weitere Sitze fielen aus anderen Gründen durch: In Polster und Sitzschale des Bellelli Tiger Relax fanden die Tester polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die teilweise im Verdacht stehen,
Krebs zu erzeugen. Beim Bobike Exclusive Mini brach die Fußstütze im Dauertest.
Unerwünschtes Pendeln
Immerhin neun Sitze sind insgesamt gut: Sie sind sicher, robust und ordentlich zu fahren. Drei davon werden vor dem Fahrer montiert und eignen sich für Passagiere bis 15 Kilogramm. Mit den sechs anderen lassen sich Kinder mit bis zu 22 Kilo Gewicht im Rücken des Fahrers kutschieren. Vor dem Fahrer sitzen Kinder am besten in Thule Yepp Nexxt Mini (99 Euro). oder OK Baby Orion (65 Euro). Hinterm Fahrer reisen kleine Passagiere am besten in Hamax Caress C2 (150 Euro) und
Thule Yepp Maxi (119 Euro).
Sobald Kinder selbstständig sitzen können, dürfen sie auf dem Rad mitfahren, also etwa ab dem neunten Monat. Für solch kleine Passagiere eignen sich vor dem Fahrer montierte Sitze. Mit ihnen haben Eltern die Kinder immer im Blick. Zusätzlich erhältliche Windschütze halten Fahrtwind ab. Wegen ihres günstigen Schwerpunkts wirken sich Vordersitze wenig auf die Fahrstabilität aus.
Kinder mit einem Gewicht von mehr als 15 Kilogramm müssen nach hinten umziehen. Dort sitzen sie windgeschützter als vorn, verlieren jedoch den freien Blick in Fahrtrichtung. Die hinteren Sitze sind am Sitzrohr montiert
und federn an langen Befestigungsbügeln freischwebend über dem Gepäckträger.
Die Fahrprüfung haben zwar alle Sitze mit gut oder befriedigend bestanden, gegenüber den Frontsitzen haben sie jedoch einen Nachteil: Auch mit wenig lebhaften Sprösslingen können sie sich je nach Fahrbewegung und Straßenzustand aufschaukeln. Diese unerwünschte Pendelbewegung wirkt sich vor allem auf das Fahrverhalten von Rädern mit tiefem Durchstieg aus, etwa Damenrädern. Bei einigen Sitzen lässt sich die Rückenlehne für eine Ruheposition zurücklegen, sie verstärkt das Pendeln zusätzlich.
Egal, ob Kinder vorn oder hinten Platz nehmen: Der Sitz muss zum Rad passen. An manche Modelle lassen sich Sitze kaum anbauen, etwa solche mit Schwanenhals- oder Karbonrahmen. Klassische Holland-, Touren- oder Sporträder bereiten meist keine Probleme, aber Schnellspanner, Bowdenzüge, ein gefedertes Hinterrad oder Rahmen mit dicken Rohren können die Montage erschweren. Hinzu kommt, dass manchen Kindersitzen kein Werkzeug beiliegt.