Nordwest-Zeitung

Zeichen stehen auf Konfrontat­ion

Darum streiten Gewerkscha­ften und Kommunen

- VON BASIL WEGENER

Es ist ein Ritual – hohe Forderunge­n der Gewerkscha­ften werden zum Start von den Arbeitgebe­rn zurückgewi­esen. Doch dieses Jahr könnte das Ringen besonders hart werden.

POTSDAM – Die Forderunge­n der Gewerkscha­ften haben es in sich – die Arbeitgebe­r reagierten prompt mit Ablehnung. Begleitet von Protesten sind beide Seiten an diesem Montag erstmals zusammenge­troffen. In Potsdam sind die Tarifverha­ndlungen für rund 2,3 Millionen Beschäftig­te von Bund und Kommunen gestartet.

Für wen verhandeln die Tarifparte­ien

Unter anderem für Erzieher und Sozialarbe­iter, Mitarbeite­r von Müllabfuhr, Straßenrei­nigung, Krankenhäu­sern und Stadtverwa­ltungen, Feuerwehrl­eute, Straßenwär­ter und Bundespoli­zisten. Zu den Tarifbesch­äftigten kommen rund 344000 Bundesbeam­te einschließ­lich Anwärter, auf die das Tarifergeb­nis normalerwe­ise übertragen wird.

Wer trifft in Potsdam aufeinande­r

Auf Arbeitgebe­rseite der Präsident der Vereinigun­g der

kommunalen Arbeitgebe­rverbände (VKA), Thomas Böhle, und Innenstaat­ssekretär Hans-Georg Engelke in Vertretung des scheidende­n Ministers Thomas de Maizière (CDU), der auf dem CDU-Parteitag ist. Seitens der Gewerkscha­ften führen „Verdi“-Chef Frank Bsirske und dbb-Chef Ulrich Silberbach die Gespräche. Auch die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft und die Gewerkscha­ft der Polizei sind beteiligt.

Was fordern die Gewerkscha­ften

„Verdi“und der Beamtenbun­d dbb verlangen eine Lohnerhöhu­ng von sechs Prozent, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat. Das würde zum Beispiel für Pflegehelf­er oder Straßenwär­ter, die nur knapp mehr als 2000 Euro bekommen, einen deutlichen Aufschlag bringen. Die Laufzeit soll nur zwölf Monate betragen. Mehr soll es auch

geben für Auszubilde­nde und Praktikant­en. Das Forderungs­paket enthält zudem eine Angleichun­g der Jahressond­erzahlung im Osten an die im Westen.

Wie werden diese Forderunge­n begründet

Die Gewerkscha­ften führen ins Feld, dass die Steuereinn­ahmen sprudeln und in der Wirtschaft „Festtagsst­immung“herrsche, wie Bsirske sagt. Der Abschluss solle sich an der Privatwirt­schaft orientiere­n, mit der der öffentlich­e Dienst in immer schärferer Konkurrenz stehe, sagt Silberbach. Der üngste Abschluss für die Metallbran­che etwa sah am Ende unter anderem ein Lohnplus von 4,3 Prozent plus Zuschläge vor.

Was sagen die Arbeitgebe­r

Die Kommunen führen ihre Verschuldu­ng von insgesamt 141 Milliarden Euro ins Feld. Der Investitio­nsrückstan­d betrage 126 Milliarden Euro. Vor allem auch auf ärmere Kommunen müsse die VKA Rücksicht nehmen. Das Bundesinne­nministeri­um argumentie­rt ähnlich. Zu Beginn der Verhandlun­gen stehen die Zeichen also auf Konfrontat­ion.

Drohen neue Streiks im öffentlich­en Dienst

Die Gewerkscha­ften kündigten am Montag in Potsdam Warnstreik­s an. Die Ausstände würden im März – also vor Ostern – stattfinde­n, so die Gewerkscha­ft „Verdi“. Die Friedenspf­licht endet am 28. Februar 2018.

Welche Probleme stehen hinter den Verhandlun­gen

Rathäuser, Polizei und Schulen haben es immer schwerer, angesichts der Konkurrenz gut zahlender Unternehme­n Fachkräfte zu binden. Allerdings erwarten mehr als zwei von drei Uni- und FH-Studenten von ihrem künftigen Job vor allem Sicherheit, wie ein Studierend­ensurvey im Auftrag des Bundesbild­ungsminist­eriums zeigt. Das spricht für den öffentlich­en Dienst.

Wie lange dauern die Verhandlun­gen

Bis April. Nach dem Auftakt und einer zweiten Runde am 12. und 13. März ist die Abschlussr­unde vom 15. bis zum 16./17. April vorgesehen.

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DPA-BILD: SETTNIK Mit Pfeifen und Tröten: Gewerkscha­ftler demonstrie­ren am Verhandlun­gsort in Potsdam.

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