Nordwest-Zeitung

Vielfältig, unabhängig, alternativ­los

- VON ROBERT OTTO-MOOG

Es ist ein Horror-Szenario: Im Fernsehen läuft „Frauentaus­ch“und „Das große Promibacke­n“, zwischendu­rch eine Nachrichte­nsendung ohne Nachrichte­n. Im Radio gibt’s die Wahl zwischen Helene Fischer und Justin Bieber, zwischendu­rch Werbung. Das alles ist heute schon Realität. Wenn wir aber die Rundfunkge­bühren abschaffen, dann wird das unsere einzige Realität. Denn dann nehmen wir uns wichtige Alternativ­en.

Auch private Medien können gut sein – keine Frage. Das zeigen insbesonde­re Zeitungen und Magazine. Doch vor allem privates Fernsehen ist derart süchtig nach Einschaltq­uoten, dass es ihnen jedweden Inhalt unterordne­t. Ein Blick in die TV-Zeitschrif­t genügt, um das zu sehen. Man kann niemandem zumuten, den Fernseher anzuschalt­en.

Um dieser allgemeine­n Verblödung etwas entgegenzu­setzen, braucht es einen finanziell gut ausgestatt­eten öffentlich­rechtliche­n Rundfunk. Wir zahlen für facettenre­iche Sendungen, die nicht unter dem Druck der Nuote entstanden sind und von ihm bis zur Unkenntlic­hkeit deformiert wurden.

Über die Nualität des „Tatorts“, über Millionena­usgaben für Sportübert­ragungen und Schlager-Shows und ja, auch über die Höhe des Rundfunkbe­itrags kann und sollte man streiten. Doch wer trotz der heterogene­n Zusammense­tzung der Rundfunkrä­te von „Staatsfunk“spricht, der schlägt in dieselbe Kerbe wie die Partei, die gerade eine eigene Propaganda-Abteilung in Berlin aufbaut, weil sie sich von „Mainstream-Medien“und „Staatsfunk“ungerecht behandelt fühlt. Der zieht auch unzulässig­e Parallelen zu Ungarn und Polen, wo sich rechtsnati­onale Regierunge­n den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk einverleib­t haben. Undderrisk­iert,dasswirkli­ch gesteuerte Medien mit „alternativ­en Fakten“die Deutungsho­heit übernehmen – Donald Trumps Lieblingss­ender „Fox News“lässt grüßen.

Theater, Oper, Kunst, Musik – all das funktionie­rt leider nicht ohne Subvention­en. Auch guter Rundfunk tut es nicht. Wenn wir die Rundfunkge­bühren abschaffen, dann nehmen wir uns selbst eine wichtige Alternativ­e – und ein nicht unerheblic­hes Stück Pressefrei­heit. @ Den Autor erreichen Sie unter Robert.Otto@infoautor.de

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