Nordwest-Zeitung

EEin guter Anfang“

Niedersach­sens Regierungs­chef sichtlich zufrieden

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Innerhalb kürzester Zeit hat Stephan Weils SPD mit der CDU eine 34aliti4n geschmiede­t. Die ersten 100 Tage stimmen den Ministerpr­5sidenten zu6ersicht­lich 7 d4ch es gibt Misst8ne.

HANNOVER 7 Ein KiKklich lockerer Ministerpr­äsident: Stephan Weil (SPD) lacht, macht Scherze mit seinen Ministern, lehnt sich entspannt auf Platz eins in der Regierungs­bank zurück. Vor dem 59-Jährigen diskutiert der Landtag an diesem Dienstag über die Bilanz der ersten 100 Tagen der Großen Koalition. Weil hat dazu mit einer Regierungs­erklärung den Anstoß gegeben, obwohl streng genommen noch etwas Zeit bis zum symbolträc­htigen Tag ist. Jetzt verfolgt der Ministerpr­äsident das Echo. Die ganze Körperhalt­ung signalisie­rt: „Mir macht Regieren Spaß.“

Auch Stolz schimmert durch. Darauf, dass es ihm als Wahlsieger gelungen ist, in Niedersach­sen ein Regierungs­bündnis aus SPD und CDU innerhalb kürzester Zeit

nach der Landtagswa­hl zu schmieden. In Berlin quälen sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die Genossen seit Monaten regelrecht zu einer gemeinsame­n Koalition – Ausgang ungewiss.

In Hannover liegt stattdesse­n schon ein kompletter Nachtragsh­aushalt über eine dreivierte­l Milliarde Euro auf den Landtagsti­schen. Auch dieses Zahlenwerk wurde von SPD und CDU nahezu geräuschlo­s aus der Taufe gehoben. Wo es hakte, hat Weil schon mal zum persönlich­en Gespräch in die Staatskanz­lei gebeten, hört man.

Beichtstuh­l-Runden in Weils Machtzentr­ale

Der Ministerpr­äsident scheint ein hohes Maß an Überzeugun­gskraft zu besitzen. Kein Murren auch nur von einem Einzigen aus der Ministerri­ege nach solchen Beichtstuh­l-Runden in Weils Machtzentr­ale. Oder liegt es daran, dass in der Großen Koalition genügend Bewerber darauf warten, dass ein Minister hinwirft?

Bei beiden großen Parteien gibt es genug Nachrücker, die von sich überzeugt sind und jederzeit einspringe­n würden. Anders als bei einer Ein-Stimmen-Mehrheit zählt der Einzelne

in einer Großen Koalition deutlich weniger. Die Mehrheit steht immer.

Auf solche Befindlich­keiten geht Weil in seiner Regierungs­erklärung nicht ein. Braucht er auch nicht. „Ein guter Anfang“, lobt der Ministerpr­äsident sein Kabinettst­eam – und schließt sich selbst mit ein. „Wir haben gut zueinander gefunden, arbeiten kollegial, ergebnisor­ientiert und auch gern zusammen“, befindet Weil, der sich mit seinem stellvertr­etenden Ministerpr­äsident Bernd Althusmann (CDU) noch im Herbst einen erbitterte­n Wahlkampf geliefert hat. Jetzt duzt sich das rot-schwarze Duo, das auf der Regierungs­bank nebeneinan­der sitzt. Fast sehen sie aus wie zwei Freunde. „Das war beileibe nicht von allen erwartet worden“, räumt Weil ein.

Ob’s hält? „Vermutlich“, glaubt selbst die Grünen-Opposition­sführerin Anja Piel, der man im Plenum fast körperlich anmerkt, wie sie Rot/ Grün hinterher trauert. Ohnmacht statt Macht.

Weil widmet der Vorgänger-Koalition nicht einen Satz. Bessere Bildung, mehr Sicherheit, Digitalisi­erung des Landes und Gebührenfr­eiheit für Kindertage­sstätten – diese Projekte setzt der Sozialdemo­krat nun eben mit der Union um. „Wir machen das, was wir uns leisten können“, lautet Weils Motto – solange die Kasse von Finanzmini­ster Reinhold Hilbers (CDU) gut gefüllt ist.

Nicht jedem gefällt die Stellenver­mehrung

Und die Mäkelei der Opposition über die Stellenver­mehrung in den Ministerie­n um 100 neue Posten? Man habe die Ministeria­lverwaltun­g eben „punktuell gestärkt“, sagt Weil. Aus Grünen-Fraktionsc­hefin Piel prustete es in dieser Sekunde spontan heraus: „Ein sehr großer Punkt“. Sie malt mit den Händen einen Riesen-Luftballon. Das Plenum lacht. Selbst Koalitions­abgeordnet­e feixen. Nicht jedem gefällt die selbstherr­liche Stellenver­mehrung durch Rot/Schwarz. Offen sagen tut’s aber niemand.

Deshalb stört’s Weil auch nicht. Für ihn sind die ersten 100 Tage nur eine kleine Etappe. Nach dem „guten Start“werde es so weitergehe­n mit der Großen Koalition, ist der Regierungs­chef überzeugt – „in den nächsten Jahren“.

Dass am Ende ein paar CDU-Abgeordnet­e nicht mitklatsch­en, fällt kaum auf. Große Macht macht scheinbar auch träge.

 ?? DPA-BILD: PFÖRTNER ?? Der Chef geht vorne weg: Ministerpr­äsident Stephan Weil, gefolgt von seinem Kabinett.
DPA-BILD: PFÖRTNER Der Chef geht vorne weg: Ministerpr­äsident Stephan Weil, gefolgt von seinem Kabinett.

Newspapers in German

Newspapers from Germany