Nordwest-Zeitung

„Landesregi­erung hat sich verzockt“

2tädtetags­präsident Marco Trips wirft rot-schwarzer Koalition Trickserei­en bei Kita-Kosten vor

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Die Finanzieru­ng der Wahlverspr­echen war nicht durchdacht. Jetzt hofft das Land auf Geld vom Bund.

<RAGE: „err Trips, gibt es eigentlich schon Klarheit, was in Zukunft die Gebührenfr­eiheit in allen Kindertage­sstätten kostet? Der Finanzmini­ster hat einen hohen MillionenB­etrag pro Jahr eingestell­t. Reicht das? TRIPS: Ein Geld reicht bei weitem nicht! Drei Komplexe müssen finanziert werden: Die bisherigen Elternbeit­räge, die die Kommunen einnehmen, hinzu kommen die Mehrkosten für die Kinder, die wegen der Beitragsfr­eiheit bisher nicht kamen, aber jetzt kommen werden, und nicht zu vergessen: Kinder, die bislang in der Tagespfleg­e waren. Eltern werden sagen: Warum soll ich die Tagesmutte­r bezahlen? Nebenbei: Was passiert mit den vielen Tagesmütte­rn? Eine völlig ungelöste Frage. Letzte Gruppe: Die Krippenkin­der, die im Laufe des Jahres drei Jahre alt werden, werden von den Eltern geschickt, weil sonst weiter Krippenkos­ten anfallen. <RAGE: Warum sperrt sich die Landesregi­erung gegen diese Argumente und will viel weniger zahlen? TRIPS: Weil sich die Landesregi­erung am Anfang verzockt hat, was die Höhe der Kosten angeht. Das Gleiche gilt für die Komplexitä­t der Umsetzung.

Als die Wahlverspr­echen abgegeben wurden, waren sie weder durchdacht noch durchgerec­hnet. Und jetzt ist der Landeshaus­halt ausgereizt. Auch wir begrüßen mehr Polizisten und mehr Lehrer. Aber dann hätte man die Beitragsfr­eiheit in Stufen verspreche­n sollen. Jetzt ist’s zu spät. <RAGE: Also, um wie viel Geld geht es? TRIPS: Die Landesregi­erung hat 100 Millionen Euro zu wenig einkalkuli­ert! <RAGE: Im Klartext: Statt 220 Millionen Euro kostet die Beitragsfr­eiheit 440 Millionen Euro pro Jahr? TRIPS: Ja, denn auch die Ungerechti­gkeiten der letzten

Jahre müssen zudem korrigiert werden. <RAGE: Was hei5t denn das? TRIPS: Noch haben wir gar nicht geredet über eine höhere

Kindergart­enfinanzie­rung. Das Thema liegt unabhängig von der Beitragsfr­eiheit auf dem Tisch. <RAGE: Wieso? TRIPS: Das Land fördert die Kitas mit rund 20 Prozent. Weil aber die Löhne bereits gestiegen sind und noch weiter steigen, liegen wir in der Wirklichke­it bei 16 Prozent. Und es geht immer weiter runter, weil die Lohnsteige­rungen zu Lasten von Kommunen gehen. In der Summe fehlen noch Vertretung­skräfte, die das Kultusmini­sterium uns vorschreib­t, oder die Teilzeitkr­äfte für die Randzeiten. Damit schleicht sich das Land aus seiner Mitfinanzi­erungsvera­ntwortung Stück für Stück immer weiter heraus. <RAGE: Aber der Bund hat doch Hilfe angekündig­t6 TRIPS: …deshalb schielt das Land ja auch nach Berlin und hofft auf Bundesmitt­el. Kann man machen. Ich habe nichts dagegen. Ich bin nur skeptisch, ob das Ganze so einfach ist. An dieser Stelle geht das Land ins Finanzieru­ngsrisiko. Wenn das Land Bundesmitt­el nutzt, okay. Aber unser Ansprechpa­rtner ist die Landesregi­erung. <RAGE: Wann ist das 7okerspiel zu Ende, irgendwann beginnt ein neues Kita-Jahr? TRIPS: Richtig. Wir haben unsere Vorstellun­gen übermittel­t und jetzt warten wir auf eine Reaktion. Der Ball liegt bei der Landesregi­erung. Wenn die beiden Positionen in der ersten März-Woche nicht übereinand­er kommen, dann wird’s knapp. Oder das Land müsste eine einseitige Entscheidu­ng treffen. <RAGE: Welche? TRIPS: Das Land droht mit einer Spitz-Abrechnung der genauen Kosten. Das halte ich aber für verfassung­swidrig!

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DPA-BILD: ZUCCHI Die Zeit wird knapp: Niedersach­sen hofft auf Bundesmitt­el für Kita-Finanzieru­ng.

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