ENERGY DRINKS MIT ALTERSFREIGABE?
Händler in Großbritannien stoppen Verkauf an Jugendliche – Hierzulande keine Beschränkung
Experten warnen vor Gesundheitsrisiken. Aldi und Lidl verhalten sich uneinheitlich.
MÜLHEIM – Immer mehr Handelsketten in Großbritannien stoppen aus Gesundheitsgründen den Verkauf von Energy Drinks an Jugendliche unter 16 Jahren. Nicht nur die Branchenriesen Tesco und Asda, auch die deutschen Discounter Aldi und Lidl ziehen dabei mit. Ganz anders ist die Situation in Deutschland.
Hier plant bislang keine der vier großen Handelsketten eine Altersbeschränkung für den Verkauf der umstrittenen Koffein-Bomben. Bei Verbraucherschützern sorgen die unterschiedlichen Standards in Großbritannien und Deutschland für Verärgerung.
„In Großbritannien übernehmen Aldi und Lidl Verantwortung, aber in Deutschland wollen die Discounter Kinder und Jugendliche nicht vor den gefährlichen Wachmachern schützen – das ist völlig unverständlich“, schimpft Oliver Huizinga von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Die Gesundheitsrisiken für junge Konsumenten seien überall dieselben.
Die Verbraucherzentralen hierzulande fordern schon seit einiger Zeit „ein Verkaufsverbot an Minderjährige für alle Erfrischungsgetränke mit einem erhöhten Koffeingehalt (über 150 Milligramm je Liter)“. Schließlich könne zu hoher Konsum dieser Getränke zu Herzrhythmusstörungen und sogar Kreislaufkollaps führen.
Nach einer Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), für die mehr als 52 000 Personen aller Altersgruppen befragt wurden, sind die Energy Drinks gerade bei den 10- bis 19-Jährigen besonders beliebt. 68 Prozent der befragten Jugendlichen konsumierten „Energiegetränke“. Davon zählten etwa 12 Prozent aufgrund ihres durchschnittlichen monatlichen Konsums von 7 Litern zu den „stark chronischen“Konsumenten. Selbst bei den 3- bis 10-Jährigen gab fast jedes fünfte Kind an, „Energiegetränke“zu konsumieren.
Eine der prominentesten Stimmen in Großbritannien für eine Altersbeschränkung ist der Starkoch Jamie Oliver. Er warnt nicht nur vor den gesundheitlichen Folgen, sondern auch vor den Auswirkungen In Deutschland ohne Altersbeschränkung erhältlich: Energy Drinks der Aufputschdrinks auf die Konzentrationsfähigkeit der Jugendlichen. In den vergangenen Wochen reagierten immer mehr Handelsketten von Asda über Tesco bis Waitrose auf den wachsenden öffentlichen Druck und kündigten an, von Anfang März an keine Energy Drinks mehr an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren zu verkaufen.
Und auch Aldi und Lidl zogen mit. „Wir reagieren mit dieser Altersbegrenzung auf die wachsende Besorgnis über den Konsum von Energy Drinks bei jungen Leuten“, sagte der britische Aldi-Manager Oliver King.
Auf dem Heimatmarkt sehen die deutschen DiscountRiesen dagegen bislang keinen Anlass für einen solchen Schritt. Pläne auch in Deutschland eine Altersbeschränkung einzuführen, „gibt es derzeit nicht“, betont Aldi Süd, zu dessen Geschäftsimperium auch die britischen Filialen gehören. Lidl erklärt: „Zum jetzigen Zeitpunkt verkaufen wir Energy Drinks an Kunden aller Altersgruppen, da es in Deutschland keine Altersbegrenzung dafür gibt.“
Rewe plant ebenfalls keine Beschränkung des Verkaufs von Energy Drinks nach britischem Vorbild. Ohnehin lasse sich „etwaiger Missbrauch nicht durch Verbote verhindern“, sagt ein Sprecher. Bei Edeka hieß es, diese Entscheidung liege im Ermessen der einzelnen Kaufleute. Alle Händler verwiesen auf die Warnhinweise auf den Verpackungen der Energy Drinks.
Verbraucherschützern reicht das aber nicht. Huizinga sieht den Gesetzgeber gefordert: „Wer Kinder und Jugendliche vor den Risiken von Energy Drinks schützen will, kommt an verbindlichen Regeln nicht vorbei.“