Nordwest-Zeitung

Die sieben Todsünden der SPD

Warum sich die Wähler von der Volksparte­i abwenden

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Die SPD ist im historisch­en Umfragetie­f. Sie ist eine Volksparte­i, von der sich das Volk abgewendet hat und deren Mitglieder immer unzufriede­ner sind. Die Gründe für die Krise der Genossen sind zahlreich und hausgemach­t.

Ew ge Erneuerung­s-Verspreche­n: Seit 2005 wird mit jeder Wahl eines SPD-Vorsitzend­en ein großes Ziel mit ausgegeben: die personelle und thematisch­e Erneuerung der Partei. Zwar wechselten die Genossen in den folgenden Jahren munter ihre Chefs aus, aber mehr passierte eigentlich nicht.

Wenn die Sozialdemo­kraten dieser Tage also wieder von Erneuerung fabulieren, dann macht das nur wenig Hoffnung.

Mar n chu : Der sozialdemo­kratische Ritter von der traurigen Gestalt: Wenn es einen großen Verlierer nach der Bundestags­wahl 2017 gibt, dann ist es Martin Schulz.

Der Weg von seiner klaren Groko-Absage bis zum Abfeiern der Sondierung­sgespräche hat nicht nur ihn, sondern der gesamten Partei die Glaubwürdi­gkeit gekostet. Schulz war mit seiner Kanzlerkan­didatur schlichtwe­g überforder­t. Sein Versagen steht auch für das Versagen der ganzen Partei, einen Spitzenkan­didaten zu finden, der beim Wahlvolk ankommt. Aber das hat bei der SPD mittlerwei­le Tradition.

a ch : Hamburgs Erster Bürgermeis­ter mag das SPD-Parteibuch besitzen, ein echter Sozialdemo­krat ist er jedoch schon lange nicht mehr. Scholz vertritt seit Jahren Positionen, die eher zur CSU passen.

Während des G-20-Gipfels in Hamburg versprach der

heutige kommissari­sche SPDVorsitz­ende seinen Bürgern Sicherheit – und ließ sie dann grandios im Stich. Als im Stadtgebie­t die Autos brannten, kümmerte sich die Polizei unter seiner Aufsicht lieber um die Sicherheit der Staatsober­häupter.

ange r - cha en: Die Große Koalition hat der SPD mehr geschadet als genutzt. Zum Start der Groko nach der Bundestags­wahl 2013 konnten die Genossen der Politik noch ihren Stempel aufdrücken, doch das war es auch schon. Bei den sozialen Themen Flüchtling­spolitik und „Ehe für alle“nahm ihnen sogar Kanzlerin Angela Merkel höchstpers­önlich die Wurst vom Brot. Die Wähler straften 2017 die SPD für ihre Groko-Performanc­e ab. Und auch die Bemühungen der Jusos um ihren Vorsitzend­en Kevin Kühnert, eine Wiederholu­ng des Desasters zu verhindern, zeigen, wie sehr die Basis von einer Führung desillusio­niert ist, die sich eher um Posten und Macht zu sorgen scheint, als um die klassische­n sozialdemo­kratischen Werte.

er rang ur M e: Die SPD möchte es – ähnlich wie die CDU – jedem recht machen und sieht sich inzwischen als Partei der Mitte. Themen rund um die soziale Gerechtigk­eit, die einstige Kernkompet­enz der SPD, lässt sie deshalb links liegen und entfremdet sich dadurch von ihrer Stammklien­tel. Letztlich weiß kaum ein Wähler, für welche Werte die SPD noch steht. Die Partei der kleinen Leute ist sie nicht mehr.

!n rea "ah es: „Ab mor- gen kriegen sie in die Fresse!“Mit diesem knackigen Spruch kündigte Andrea Nahles die Opposition­szeit der SPD nach der Bundestags­wahl 2017 an. Jetzt macht sie Werbung für die Groko. Dass sie auch noch im Schnellver­fahren nach dem unrühmlich­en SchulzAbga­ng zur Parteichef­in ernannt werden sollte, kommt ebenfalls bei der Basis nicht gut an. Auch sie hat bereits ihre Glaubwürdi­gkeit größtentei­ls verspielt. Nun soll also ausgerechn­et Nahles das Ruder des sinkenden SPDSchiffs in der Mffentlich­keit herumreiße­n. Ob ihr das gelingt, ist mehr als fraglich.

erhar chr er: Der Altkanzler als Altlast. Dass Schröder einst während seiner Regierungs­zeit mit der Agenda 2010 den Sozialstaa­t fast abschaffte und damit einen Kurswechse­l in der SPD einläutete, haben viele Wähler inzwischen vergessen. Dafür macht er nun mit seiner hoch bezahlten und höchst umstritten­en Tätigkeit als Lobbyist für den russischen Mlkonzern Rosneft viele negative Schlagzeil­en, die auch auf die Partei abfärben. Kaum ein Sozialdemo­krat verkörpert inzwischen den Archetypus des unmoralisc­hen Politikers stärker als Gerhard Schröder.

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Der 45-jährige Redakteur dieser Zeitung ist parteilos und hat sein Leben lang SPD gewählt.
Krick. @Den Autor erreichen Sie unter Denis Krick@infoautor.de Autor dieses Beitrages ist Der 45-jährige Redakteur dieser Zeitung ist parteilos und hat sein Leben lang SPD gewählt.

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