Frisch gefangen und sofort gepult
Hauptversammlung in Neuharlingersiel – Bei Krabben zurück zur Tradition
Krabben sollen wieder in Ostfriesland gepult werden statt im Ausland. So wollen Fischer den ;eg zum Verbraucher verkürzen und höhere Preise erzielen.
NEUHARLINGERSIEL – Früher wurden die an Bord der Krabbenkutter abgekochten Nordseegarnelen in Heimarbeit von Frauen an der Küste gepult. Dann setzten EU-Hygienevorschriften und hohe Lohnkosten dieser Praxis in den 1990er Jahren ein Ende. Seitdem legen die Fänge Tausende Kilometer zurück: Zum Schälen werden sie von Norddeutschland nach Marokko oder Osteuropa und wieder zurück gebracht, bis sie hierzulande in den Handel kommen. Das wollen einige ostfriesische Fischer jetzt ändern.
„Künftig könnten in Ostfriesland geschälte Krabben als Premium-Produkt Wattenmeerkrabbe vermarktet werden“, sagte Günter Klever von der Erzeugergemeinschaft Küstenfischer der Nordsee am Freitag am Rande des Fischereitages in Neuharlingersiel (Landkreis Wittmund). Er will mit zunächst drei Fischern aus Greetsiel und Norddeich lokale Schälbetriebe beliefern und den Markt für weitere Abnehmer wie Feinkostläden testen. Danach könnte das Projekt ausgeweitet werden, hofft Klever: „Kurze Transportund Verarbeitungswege bedeuten auch höhere Umweltverträglichkeit. Für die nachhaltig gefangene und verarbeitete „Wattenmeerkrabbe“könnten höhere Preise erzielt werden.“ Ein Fischer kocht die gefangenen Krabben an Bord eines Krabbenkutters. Künftig könnte ein Teil der niedersächsischen Fänge wieder in Ostfriesland gepult werden.
Umwelt- und Verbraucherschützer hatten wiederholt die langen Transportwege der Nordseegarnelen kritisiert. „Krabben zum Pulen nach Marokko und zurück zu bringen, ist alles andere als umweltverträglich“, sagt Meeresschützer Hans-Ulrich Rösner vom WWF: „Wenn es möglich ist, das zu verbessern, ist dies eine gute Entwicklung“. Naturschützer von WWF und Naturschutzbund (Nabu) hoffen aber vor allem auf weitere Verbesserungen bei den Fangmethoden und wollen fischereifreie
Zonen in den Wattenmeer-Nationalparks erreichen.
Damit stoßen sie jedoch bei Fischern in SchleswigHolstein und Niedersachsen auf heftigen Widerstand. „Ein Ausweichen in weiter entfernte Fanggebiete ist gar nicht möglich, selbst wenn es gewollt ist“, sagt Dirk Sander vom Landesfischereiverband Weser-Ems. Er und seine Kollegen sehen die traditionellen Fischgründe bereits durch Offshore-Kabeltrassen und Windpark-Baustellen bedroht.
Hinzu kommen riesige Mengen an Schlick, die bei den jährlichen Bagger- und Verklappungsarbeiten in den Flussmündungen von Elbe, Weser und Ems anfallen. Weitere Sorgen bereiten den Fischern auch mögliche BrexitFolgen, falls Fanggebiete für deutsche Kutter verloren gehen. 2017 wurden insgesamt 9908 Tonnen Fisch, Krabben und Muscheln angelandet (2016: 5911 Tonnen). Dafür wurden rund 38,5 Millionen Euro (2016: 25,2 Millionen Euro) erzielt.