Nordwest-Zeitung

Schweiz lehnt Abschaffun­g der Rundfunkge­bühr ab

Gegner des öffentli9:en Rundfunks s9:eitern bei <olksabstim­mung – Reformdru9­k bleibt

- VON CHRISTIANE OELRICH

BERN – Nach einem leidenscha­ftlichen Abstimmung­skampf haben sich die Schweizer bei einer Volksabsti­mmung gegen die Abschaffun­g der Rundfunkge­bühren ausgesproc­hen. Gut 70 Prozent der Wähler sagten nach den Hochrechnu­ngen vom Sonntag Nein zu der von Jungpoliti­kern in einer Bierlaune ersonnenen Initiative, die hohe Wellen geschlagen hatte.

Trotz ihrer Niederlage wollen die Gebührenge­gner den Druck auf die ungeliebte Rundfunkan­stalt SRG aufrechter­halten: „Wir haben eine Debatte losgetrete­n, die wird nicht verstummen. Wir werden unsere Stimme für mehr Medienfrei­heit weiter einbringen“, sagte Thomas Juch, Student und Mitinitiat­or der No-Billag-Inititive. Billag heißt die Firma, die die Gebühren einzieht. Die Schweizer Regierung, die SRG und Medienwiss­enschaftle­r hatten einen unabhängig finanziert­en Rundfunk als unersetzli­ch für die Demokratie bezeichnet.

Das klare Votum heißt nicht, dass die Schweizer mit dem gebührenfi­nanzierten Rundfunk in seiner jetzigen Form zufrieden sind. Vielmehr scheiterte die Initiative unter anderem, weil sie manchen Rundfunkkr­itikern zu radikal war.

Dazu gehört der Chefredakt­eur der konservati­ven „Neuen Zürcher Zeitung“, Eric Gujer. Er wirft der SRG vor, sie grabe privaten Medien mit ihrem Gratis-Angebot im Internet das Wasser ab. Auch der Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV) kritisiert gebührenfi­nanzierte „Quasi-Gratispres­se“im Netz. Gujer lehnte denKritik noch das „Alles oder Nichts“der No-Billag-Initiative ab, wie er bereits vor der Abstimmung erklärte. Vielmehr will er wie viele Kritiker einen deutlich schlankere­n – und billigeren – Gebührenru­ndfunk.

Diese Forderung erhob wie viele auch die sozialdemo­kratische Politikeri­n Jacqueline Fehr am Sonntag: „Bye-bye NoBillag“twitterte sie. „Und jetzt echte Reformen in der SRG.“

am öffentlich-rechtliche­n Rundfunk kommt wie in der Schweiz auch in Deutschlan­d vor allem aus dem rechten Parteiensp­ektrum. Die AfD wirft ARD und ZDF tendenziös­e Berichters­tattung vor, bei Themen wie der Migration, aber auch über die Partei selbst. Das Modell des gebührenfi­nanzierten Rundfunks stamme aus einer überholten Zeit. Im Zeitalter des Internets müssten Bürger selbst entscheide­n dürfen, für welche Medieninha­lte sie zahlen wollten.

Auch in Deutschlan­d würden 64 Prozent Menschen gerne über Rundfunkge­bühren abstimmen, berichtete die „Bild am Sonntag“. Sie hatte bei Emnid eine repräsenta­tive Umfrage in Auftrag gegeben. Das Grundgeset­z lässt Volksabsti­mmungen auf Bundeseben­e aber nicht zu.

KOMMENTAR, SEITE 4

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