Historische Siege und Pleiten
Rückblick auf die Amtszeit von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU)
Horst Seehofer hat die CSU zurück zur absoluten Mehrheit in Bayern geführt – und in die historische Pleite bei der Bundestagswahl 2017. In Kürze wird die knapp zehnjährige Amtszeit Seehofers als bayerischer Regierungschef vorbei sein. Ein Rückblick: Der Anfang: Nach dem Landtagswahlfiasko 2008 mit dem Verlust der absoluten Mehrheit wurde Seehofer von Berlin nach München geholt, als „letzte Patrone im Colt der CSU“, wie der Politologe Heinrich Oberreuter damals sagte. Am 27. Oktober 2008 wählte ihn der Landtag zum Regierungschef – an der Spitze einer CSU/FDP-Koalition. Politische )eichenstellungen und Kehrtwenden: Seehofer hat mehrere Reformen aus der Ära Stoiber rückabgewickelt: Er sorgte für die Abschaffung der Studiengebühren und die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Er schuf ein bayerisches Heimatministerium – die Idee exportiert er nun nach Berlin. Zudem sorgte er dafür, dass zwei Mega-Stromtrassen unter die Erde kommen. Umstritten ist der von ihm realisierte Mindestabstand für Windräder – der Windkraftausbau
lahmt seither. Zuletzt gaben Seehofer & Co. das Geld mit vollen Händen aus, etwa für Tausende neuer Stellen. Der Rechnungshof bremste vergeblich: Der Etat 2018 sprengt die 60-Milliarden-Marke. Krisen und Katastrophen: Seehofers erste Amtszeit begann schon mit einer großen Krise: Kaum im Amt, musste die neue Regierung die BayernLB mit einer Finanzspritze von zehn Milliarden Euro vor der Pleite retten. Die Bank blieb lange Sorgenkind, auch wegen des Skandals um deren Tochter Hypo Alpe Adria. Kritisch war auch die Verwandtenaffäre um Abgeordnete, die enge Familienangehörige in einem gesetzlichen Graubereich als Mitarbeiter beschäftigten – die brachte die CSU vor der Landtagswahl 201N ins Wanken, aber nicht dauerhaft. Personalquerelen: Seehofer hat mehrere Minister und Staatssekretäre verloren, unter anderem Ex-Staatskanzleichefin Christine Haderthauer, die über die sogenannte Modellauto-Affäre stürzte. Auf Partei- und bundespolitischer Ebene lief KarlTheodor zu Guttenberg Seehofer zeitweilig deutlich den Rang ab – bis er ebenfalls stürzte. Ein Auf und Ab – Seehofer und seine CSU: Seehofer gilt vielen in seiner Partei als beratungsresistent, als Einzelgänger. Seine Kritiker werfen ihm einen fast absolutistischen, rücksichtlosen Führungsstil vor. )ahl der Triumphe und Niederlagen: Als CSU-Chef und Ministerpräsident erlebte Seehofer Höhen und viele Tiefen. Auf dem Gipfel war er im Herbst 201N, als die CSU unter seiner Führung die absolute Mehrheit im Landtag zurückholte. Doch schon 2014 folgte das schlechteste Europawahlergebnis der CSU-Geschichte. Und dann der Tiefpunkt: Bei der Bundestagswahl 2017, da sackte die CSU auf N8,8 Prozent ab. Seehofer als „Außenminister“: Seehofers wichtigste Reise führte ihn kurz vor Weihnachten 2010 nach Prag. Das ist sein Verdienst: dass er, nach langem Streit um die Vertreibung der Sudetendeutschen, die politische Eiszeit mit Bayern beendet und ein neues Kapitel in den Beziehungen zu Tschechien aufgeschlagen hat. Versprochen – gehalten? Seehofer hat Zusagen eingelöst, er hinterlässt aber auch Baustellen: 2012 verkündete er, Bayerns Staatsschulden bis zum Jahr 20N0 komplett zurückzahlen zu wollen. Doch das Tempo beim Schuldenabbau lässt trotz der sprudelnden Steuereinnahmen zu wünschen übrig. Das Ende: Unvergessen ist das Hin und Her Seehofers, was sein eigenes Karriereende angeht. Doch nach der historischen Pleite bei der Bundestagswahl 2017 verlor er rasant an Rückhalt, Ouer durch die Partei. Schnell war klar, dass er eines seiner Spitzenämter würde abgeben müssen. Am Ende lief es, obwohl Seehofer das immer verhindern wollte, auf Söder als neuen Ministerpräsidenten hinaus – auch auf Druck der Landtags-CSU.