Nordwest-Zeitung

Italiens Zukunft steht in den Sternen

Fünf-Sterne-Protestpar­tei und rechtspopu­listische Le/a konkurrier­en um die Macht

- VON ANNETTE REUTHER UND LENA KLIMKEIT

Des Weiteren /ab es zwei klare Verlierer6 Sil7io 8erlusconi und Matteo Renzi. Letzterer kündi/te am Abend seinen Rücktritt als Parteichef an.

ROM 9 Nach der Parlaments­wahl in Italien konkurrier­en die rechtspopu­listische Lega und die europakrit­ische FünfSterne-Bewegung um die Macht. Sowohl Lega-Chef Matteo Salvini als auch Sterne-Spitzenkan­didat Luigi Di Maio beanspruch­ten am Montag das Regierungs­amt für sich. Allerdings haben beide Parteien nicht die notwendige Mehrheit, um regieren zu können und brauchen Koalitions­partner.

Die regierende­n Sozialdemo­kraten von Parteichef Matteo Renzi mussten eine historisch­e Niederlage einstecken. Die PD war auf rund 19 Prozent abgestürzt. Am Abend kündigte Renzi seinen Rücktritt vom Parteivors­itz an. Die Niederlage zwinge die Partei, eine neue Seite aufzuschla­gen, sagte Renzi in Rom.

Die Wahlbeteil­igung in Italien lag bei rund 73 Prozent, etwas unter dem Wert von 2013. Wer das wirtschaft­lich angeschlag­ene Land in Zukunft führen wird, ist unklar. „Wir sind die absoluten Gewinner“, sagte Fünf-SterneSpit­zenkandida­t Di Maio in Rom. Seine Partei repräsenti­ere das gesamte Land, den „ganzen Stiefel“. Die Fünf Sterne kamen nach Auszählung fast aller Stimmen auf mehr als 32 Prozent und sind damit die stärkste Einzelkraf­t geworden.

Auch die rechtspopu­listische Lega beanspruch­te die Führung für sich. Millionen Italiener hätten seine Partei beauftragt, das Land „von der Unsicherhe­it und Instabilit­ät zu befreien“, die Ex-Regierungs­chef Renzi und Brüssel zu verantwort­en hätten, sagte Salvini in Mailand. „Über Italien entscheide­n die Italiener“, so Salvini. „Nicht Berlin, nicht Paris, nicht Brüssel“und auch nicht die Finanzmärk­te.

Die ausländerf­eindliche Lega war bei der Wahl im Bündnis mit der konservati­ven Forza Italia von Ex-Ministerpr­äsident Silvio Berlusconi angetreten, schaffte es auf mehr als 17 Prozent und überflügel­te die Forza. Allerdings verpasste die Allianz mit rund 37 Prozent nach Auszählung fast aller Stimmen die Regierungs­mehrheit im Parlament.

Die Bundesregi­erung unter Kanzlerin Angela Merkel wünschte Italien viel Erfolg bei der Bildung einer stabilen Regierung. Mit Blick auf die Hängeparti­e in Deutschlan­d sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert: „Man möchte allen wünschen, dass es schneller als sechs Monate geht.“

Für eine Regierungs­mehrheit muss eine Partei oder ein Bündnis auf mindestens 316 der insgesamt 630 Sitze in der Abgeordnet­enkammer und auf mindestens 158 von 315 Sitzen im Senat kommen. Das entspricht etwa 40 bis 42 Prozent der Stimmen.

Unter anderem die soziale Unsicherhe­it in Italien habe zu einem „wahren Tsunami“geführt, bei dem die absolute Mehrheit gegen das Establishm­ent sei, sagten Wahlforsch­er von der Luiss-Universitä­t in Rom.

Ob es eine Koalition zwischen der Lega und der ebenfalls europakrit­ischen FünfSterne-Bewegung geben könnte, blieb unklar. Laut Lega-Chef Salvini soll es keine „seltsamen Bündnisse“geben. „Mitte-Rechts hat gewonnen und kann regieren.“Der 31-jährige Di Maio sagte dagegen: „Wir sind offen für alle politische­n Kräfte.“Er hatte in der Vergangenh­eit die Rechte aber als „prinzipiel­len politische­n Gegner“bezeichnet. Analysten in Italien halten eine Allianz von Lega und Sternen für eher unwahrsche­inlich.

Rechtspopu­listen in Europa triumphier­ten über das Ergebnis in Italien. Der Niederländ­er Geert Wilders gratuliert­e Lega-Chef Salvini zum Wahlerfolg. Die Chefin des rechtsextr­emen französisc­hen Front National, Marine Le Pen, sieht im Wahlausgan­g in Italien schlechte Nachrichte­n für Europa. Der AfD-Parteichef Alexander Gauland äußerte sich eher verhalten: „Was die Italiener gewählt haben, ist deren Sache. Es wird sich zeigen, welche Politik diese Parteien für Italien machen werden.“Der prominente Brexit-Befürworte­r Nigel Farage sprach von einem „enormen Sprung für die euroskepti­schen und Anti-Establishm­ent-Parteien in Italien“.

Am 23. März kommen die beiden Kammern des Parlaments zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Erst danach beginnen eventuelle Koalitions­verhandlun­gen. Falls sich die Parteien nicht auf ein Regierungs­bündnis einigen können, muss Staatspräs­ident Sergio Mattarella Neuwahlen ausrufen.

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