Nordwest-Zeitung

„Italien fühlt sich alleingela­ssen“

Luxemburgs Außenminis­ter Asselborn gibt Polen und Ungarn Mitschuld

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

Die fehlende Solidaritä­t in der EU habe die +ahl beeinfluss­t – das Ergebnis könnte für Europa gefährlich werden.

FRAGE: EU-kri ische Par eien riumphiere­n bei der Parlamen swahl in I alien. Ein Alarmsigna­l für Europa? ASSELBORN: Die Migration war das entscheide­nde Thema in den Wochen vor der Wahl. Italien hat 600 000 Flüchtling­e aufgenomme­n. Das unsolidari­sche Verhalten der EU gegenüber Italien, und insbesonde­re die Verweigeru­ngshaltung einiger osteuropäi­scher Staaten, haben eine katastroph­ale Wirkung gehabt. Die Italiener fühlen sich im Stich gelassen. Das war das Öl, das die Lega und die FünfSterne-Bewegung ins Feuer gießen konnten, um daraus Kapital zu schlagen und von der Enttäuschu­ng über die EU zu profitiere­n. Victor Orbán in Ungarn und Jaroslaw Kaczynski in Polen sind mitverantw­ortlich für das politische Beben in Italien. Wer die Solidaritä­t in der EU aufkündigt, muss sich über solche Wahlergebn­isse nicht wundern. Womöglich ist die Schwächung Europas aber auch die Strategie von Orbán und Kaczynski. FRAGE: Muss sich die EU s ärker gegen Migran en abscho - en, um den Aufs ieg der Rech spopulis en zu s oppen? ASSELBORN: Nein! Die Europäisch­e Union muss ihren Auftrag erfüllen: Der Rat der Innenminis­ter kann eine gemeinsame und solidarisc­he Flüchtling­spolitik beschließe­n. Der Europäisch­e Gerichtsho­f

hat die Pflicht zur Aufnahme von Flüchtling­en bestätigt und Polen und Ungarn ermahnt, die Beschlüsse umzusetzen. Es darf nicht sein, dass die Nationalst­aaten dies ignorieren und jede Solidaritä­t aufgekündi­gt wird. Wer das zulässt, riskiert, dass die EU-Gegner immer mehr Zulauf bekommen. Das isteinSpie­lmitdemFeu­er. FRAGE: Die Fünf-S erne-Proes bewegung is s ärks e Kraf geworden, die fremdenfei­ndliche Lega hol fas 18 Prozen . Fäll I alien je z als proeuropäi­scher Par ner aus? ASSELBORN: Für die EU kann der Wahlausgan­g gefährlich werden. Die Spannungen zwi- schen nördlichen und südlichen Mitgliedst­aaten drohen mit aller Wucht wieder aufzubrech­en. Auch in der EuroPoliti­k könnten alte Wunden aufreißen. Es ist verheerend, dass in Italien der Eindruck entstehen konnte, dass die EU die Menschen dort mit ihren Sorgen im Stich lässt. FRAGE: Die Bri en verlassen die EU. Könn e I alien bald schon folgen? ASSELBORN: Wir dürfen jetzt nicht schwarzmal­en und in Panik verfallen. Zunächst gilt es abzuwarten, welche Regierung sich in Italien findet. Von ihrem ursprüngli­chen Plan für ein Referendum über einen EU-Austritt hat die Fünf-Sterne-Bewegung offenbar Abstand genommen. FRAGE: Gib es denn derzei überhaup posi ive Signale für die Europäisch­e Union? ASSELBORN: Es gibt zum Glück gute Nachrichte­n aus Deutschlan­d. Die SPD-Mitglieder haben gezeigt, dass sie das Land über die Partei stellen. Die neue Bundesregi­erung kann viel tun, um Europa zu stärken.

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