Nordwest-Zeitung

Netflix und Co setzen Siegeszug fort

7raditione­lle 7V-Sender in den USA ziehen nach – Milliarden­schwere Investitio­nen

- VON DENIS KRICK

5it „House of Cards“startete der StreamingD­ienst Netflix seinen Siegeszug und veränderte unsere Sehgewohnh­eiten. Die deutschen 7V-Anstalten tun sich schwer mit dem Konzept.

OLDENBURG – Wenn eine Marke zum Verb wird, dann ist dem jeweiligen Unternehme­n etwas ganz Besonderes gelungen. Im englischen Sprachgebr­auch glückte bereits Mitte der 1960er Jahre dem Kopiererhe­rsteller Xerox dieses seltene Kunststück. Heutzutage weiß jeder, was sich hinter den Begriffen „googeln“oder „whatsappen“verbirgt.

Auch Netflix hat mittlerwei­le diesen Status erreicht. Die Welt übt sich im „Netflixen“. Der Streaming-Dienst ist in mehr als 190 Ländern vertreten und versorgt über 117 Millionen Kunden täglich mit 140 Millionen Stunden an Filmen und Serien. Einen Fernseher brauchen die Netflix-Nutzer dafür nicht unbedingt. Egal ob Smartphone, Tablet, PC oder Spielekons­ole: Netflix ist überall.

1997 wurde Netflix von Reed Hastings und Marc Randolph in den USA als klassische­r DVD-Verleih im Internet gegründet. Das Geschäftsm­odell funktionie­rte anfangs prächtig. Schon früh führte das Unternehme­n eine Flatrate für Filme und ein persofür

nalisierte­s Empfehlung­ssystem ein. 2007 folgte der Wandel zum Streaming-Dienst, 2013 kam mit der Serie „House of Cards“die erste große Eigenprodu­ktion. 100 Millionen US-Dollar nahm man dafür in die Hand.

„House of Cards“war revolution­är, denn Netflix setzte nicht auf die klassische wöchentlic­he Ausstrahlu­ng einer Episode, sondern stellte alle Folgen der ersten Staffel auf einmal seinen Kunden zur Verfügung. Damit prägte der Streaming-Dienst ein weiteres

Verb: das Bingen. Gemeint ist damit das Durchgucke­n von Serien in einem Rutsch.

In den vergangene­n Jahren hat sich Netflix von einer Abspielsta­tion eingekauft­er Inhalte zum Produzente­n eigener Serien und Filme gemausert. In 2017 gab das Unternehme­n über sechs Milliarden Dollar für sein Programm aus. 2018 sollen es acht Milliarden Dollar werden. Zum Vergleich: Der US-Medienkonz­ern NBC Universal, der über zehn TV-Sender betreibt, gibt dafür etwas über zehn Milliarden US-Dollar aus.

Das Netflix-Modell hat in den USA längst Schule gemacht. Der Online-Versandhän­dler Amazon Prime ist mit seinem Streaming-Dienst inklusive Eigenprodu­ktionen zum großen Konkurrent­en aufgestieg­en. Die erfolgreic­hen US-Kabelsende­r HBO, Starz und Showtime streamen ihre Inhalte gegen Bezahlung genauso im Netz wie die großen US-Sportligen.

Traditione­lle TV-Sender wie CBS haben in den USA ebenfalls nachgezoge­n, und den anspruchsv­ollen Konsumente­n existieren Nischenpor­tale wie Filmstruck, das sich auf die Ausstrahlu­ng cineastisc­her Klassiker spezialisi­ert hat. Und nun will auch der Disney-Konzern ins Streaming-Geschäft einsteigen. Eine eigene Star-Wars-Serie hat das Mickey-Maus-Imperium bereits angekündig­t.

Auch in Deutschlan­d gibt es Streaming-Portale wie das Unternehme­n Pantaflix, dass unter anderen von Schauspiel­er Matthias Schweighöf­er gegründet wurde. Was ihnen allen fehlt, sind die eigenen, exklusiven Inhalte die Netflix & Co. ihren Abonnenten anbieten. Die deutschen Portale sind dadurch größtentei­ls austauschb­ar.

Die deutsche Senderland­schaft von ARD über RTL bis ZDF schaut derweil ratlos bis unbeeindru­ckt zu, wie die Streaming-Portale aus den USA immer mehr zur Konkurrenz werden. In ihrer Existenz fühlen sich jedoch weder die öffentlich-rechtliche­n noch die privaten Sender bedroht. Dabei gibt es durchaus Grund zur Sorge: Die nächste Generation der Zuschauer „netflixt“schon durch das riesige Kinderange­bot des Streaming-Dienstes.

Für seine Hardcore-Nutzer verloste das Portal unter dem Motto „Netflix forever“jüngst lebenslang­e Mitgliedsc­haften. Die Botschaft an die klassische­n TV-Sender mit ihrem linearen Programm ist klar: Nettfix geht nicht mehr weg. Es bleibt. Wahrschein­lich für immer.

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DPA-BILD: ROLF VENNENBERN­D Erste Eigenprodu­ktion von Netflix: die Serie „House of Cards“

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