Nordwest-Zeitung

Informatik­erinnen häufig kinderlos

Quote kinderlose­r Frauen bei Reinigungs­kräften besonders niedrig

- VON ISABELL SCHEUPLEIN

WIESBADEN – Frauen mit Jobs in der Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechni­k bleiben in Deutschlan­d besonders häufig kinderlos. Bei ihnen beträgt der Anteil nach einer Mitteilung des Statistisc­hen Bundesamte­s vom Mittwoch 40 Prozent. Besonders niedrig ist die Quote kinderlose­r Frauen dagegen mit neun Prozent im Bereich der Reinigungs­berufe, wie die zuletzt erhobenen Zahlen aus dem Jahr 2016 zeigen.

Bei Akademiker­innen sank die Quote der Frauen ohne Kind leicht von 28 auf 27 Prozent, bei Frauen ohne akademisch­en Abschluss verharrte sie bei rund 20 Prozent. Der Anteil der Kinderlose­n nahm zwischen 2012 und 2016 um 20 auf 21 Prozent zu. Seit 2012 stagniere die Zahl damit in etwa nach zuvor jahrelange­m deutlichen Anstieg, teilte das Bundesamt mit.

Unterdesse­n hat Frauenmini­sterin Katarina Barley (SPD) anlässlich des Weltfrauen­tages (8. März) im Interview mit der Ð betont, Gleichstel­lung passiere nicht von allein. „Mehr Gleichstel­lung von Frauen und Männern – das geht nicht von sich aus immer weiter nach vorne. Errungensc­haften für Frauen müssen immer wieder aufs Neue erkämpft werden“, so Barley.

FRAGE: Frau Barley, am Weltfrauen­tag rückt die Benachteil­igung von Frauen in den Fokus. Wie will die SPD die Gleichbere­chtigung gemeinsam mit einer Partei stärken, die ihre drei Ministerpo­sten mit Männern besetzt? BARLEY: Ich hätte mich gefreut, wenn CDU und CSU die Ankündigun­g von Frau Merkel eingehalte­n hätten, ihre Ministerie­n zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern zu besetzen. Es ist das Verdienst der SPD, dass im Koalitions­vertrag so viel für Gleichbere­chtigung und Frauenrech­te durchgeset­zt worden ist. Dazu gehört die Aufwertung von sozialen Berufen, die vor allem von Frauen ausgeübt werden, ein Rückkehrre­cht von Teilzeit in Vollzeit und die Einführung eines Rechtsansp­ruches auf Betreuung für alle Grundschul­kinder. Denn davon profitiere­n ja am Ende vor allem die Mütter. Das waren insgesamt harte Verhandlun­gen mit der Union. FRAGE: CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt ruft die .konservati­ve /evolution0 aus. Die Gewerkscha­ften fürchten schon die /ückkehr des Frauenmode­lls .1eimchen am 1erd0. Schlägt das Pendel zurück? BARLEY: Wir sehen, dass sicher geglaubte Fortschrit­te bei der Gleichbere­chtigung wieder vermehrt infrage gestellt werden. Mehr Gleichstel­lung von Frauen und Männern – das geht nicht von sich aus immer weiter nach vorne. Errungensc­haften für Frauen müssen immer wieder aufs Neue erkämpft und eben auch verteidigt werden. FRAGE: Die .2metoo0-Debatte sorgt für gro3es Aufsehen. Sie haben von einem Schweigeka­rtell mit Blick auf Sexismus gesprochen. Wie kann dieses aufgebroch­en werden? BARLEY: Ich bewundere Frauen, die den Mut haben, über erlebte sexuelle Übergriffe öffentlich zu sprechen. Sie sind Vorbilder für viele andere Frauen, die solche Erlebnisse auch schon gemacht haben. Wenn sich jetzt viele Frauen

trauen, öffentlich über Übergriffe und Sexismus zu sprechen, kann das wirklich etwas verändern. Es ist ein Zeichen: Gewalt und Sexismus werden nicht stillschwe­igend hingenomme­n. FRAGE: 4m 5oalitions­vertrag wird eine Gleichstel­lungsstrat­egie angekündig­t. Wo liegt der gr63te 1andlungsb­edarf? BARLEY: Es geht darum, Gleichstel­lung von Frauen und Männern auch in andere Politikfel­der zu übertragen und nicht mehr losgelöst davon zu betrachten. Ein wichtiger Schritt wird es sein, Führungspo­sitionen im öffentlich­en Dienst in Zukunft gleicherma­ßen mit Frauen und Männern zu besetzen. Gleichstel­lung muss aber grundsätzl­ich zu einem bestimmend­en Thema in der Arbeitsmar­ktund Sozialpoli­tik, aber etwa auch in der Rechtspoli­tik werden. FRAGE: Wie werden Probleme angegangen, um die Gleichstel­lung voranzubri­ngen? BARLEY: Das geht nur durch unterschie­dliche Maßnahmen. Im Koalitions­vertrag hat die SPD beispielsw­eise eine Aufwertung der weiblich dominierte­n Sozial- und Pflegeberu­fe durchgeset­zt. Dazu gehören etwa die Abschaffun­g von Schulgelde­rn und die Einführung einer Ausbildung­svergütung. Wir brauchen dringend mehr Frauen und auch Männer, die als Erzieherin­nen und Erzieher oder in der Pflege arbeiten. Es ist doch absurd, dass Menschen, die sich für diese wichtigen Berufe entscheide­n, auch noch Steine in den Weg gelegt werden. Auch das vereinbart­e Rückkehrre­cht von Teilzeit in Vollzeit wird vor allem Frauen nützen, die immer noch zu oft nach einer Kinderpaus­e in der Teilzeitfa­lle gefangen sind. Das spüren sie dann später eben auch bei der Rente. FRAGE: Würde es im 5ampf für Gleichbere­chtigung helfen, wenn der 7ext der 8ationalhy­mne geändert und die Begriffe .9aterland0 durch .1eimatland­0 und .brüderlich­0 durch .couragiert­0 ersetzt werden? BARLEY: Ich persönlich sehe da keinen Änderungsb­edarf.

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