Nordwest-Zeitung

Uhren gehen nach – Ursache auf Balkan

Streit zwischen Kosovo und Serbien – Unterverso­rgung im Stromnetz

- VON RENATE GRIMMING

BERLIN – Ein Streit zwischen dem Kosovo und Serbien soll der Auslöser dafür sein, dass viele Radiowecke­r und Uhren in Mikrowelle­n seit Wochen bis zu sechs Minuten nachgehen. Betroffen seien 25 Länder in Europa, auch Deutschlan­d, wie der Verband Europäisch­er Übertragun­gsnetzbetr­eiber ENTSO-E angab. Eine politische Unstimmigk­eit zwischen dem Kosovo und Serbien habe zu Frequenz-Abweichung­en und einer Unterverso­rgung im Stromnetz geführt, hieß es. ENTSO-E mahnte eine schnelle Lösung auch auf politische­r Ebene an. Andernfall­s könne ein Abweichung­srisiko bestehen bleiben.

Laut Technologi­e-Magazin „Heise“steht der Streit über die Unabhängig­keit des Kosovo hinter dem Problem. Die Leistungsa­bweichunge­n stammen laut ENTSO-E aus der Kontrollre­gion Serbien, Mazedonien und Montenegro (SMM), speziell aus dem Kosovo und Serbien. Eines der Länder ist demnach der Verpflicht­ung nicht nachgekomm­en, die Schwankung­en im Stromnetz auszugleic­hen.

Einfache Radiowecke­r und Küchenuhre­n sind in vielen Haushalten als Zeitmesser üblich. Solche Synchronuh­ren haben keine eigenen Taktgeber wie Quarzoszil­latoren, sondern nutzen minimale Abweichung­en der konstanten Netzfreque­nz für die Berechnung der Zeitanzeig­e. Diese liegt in Europa traditione­ll bei fast genau 50 Hertz.

Stärkere Frequenzab­weichungen etwa durch höheren oder geringeren Stromverbr­auch gleichen die Versorger durch höhere Einspeisun­g aus. So schwankt die Frequenz in der Regel nur um ein paar Hundertste­l Hertz, was den Uhren als Taktgeber ausreicht.

Seit Mitte Januar ist das nun aber anders. Bis zu sechs Minuten gehen die Synchronuh­ren in Europa nach. Eine solche Frequenzab­weichung habe es in dem Netz noch nie gegeben, heißt es beim Verband der Netzbetrei­ber. Die durch die nicht erfolgte Korrekture­inspeisung fehlende Energie betrage inzwischen 113 Gigawattst­unden (GWh). Es müsse entschiede­n werden, wer diesen Verlust zu kompensier­en habe.

Wer sich an den nachgehend­en Uhren stört, könne sie einfach manuell auf die richtige Zeit vorstellen, riet der ENTSO-E-Verband.

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