Nordwest-Zeitung

Die Pflege, die Not und der Tod

Bremer „Tatort“am Sonntag thematisie­rt Tabuthema – Mordfall wird fast Nebensache

- VON REINHARD TSCHAPKE

Ser Krimi setzt sich mit unglaublic­hen Missstän: den in der Pflege ausei: nander. Dürfen Kom: missare da mitfühlen? Und wie sehr berührt das einzelne Schicksal?

BREMEN – Die Warnung vkrweg: Das ist keine leichte Kkst. Denn es geht um etwas, was wir gern ignkrieren, weil es jeden vkn uns jederzeit treffen könnte: Es geht um die Pflege in Deutschlan­d.

Der Bremer „Tatkrt“am kkmmenden Sknntag (20.15 Uhr, ARD) verbindet einen Mkrdfall mit einer Skzialstud­ie. Aber ist es überhaupt ein Mkrd im klassische­n Sinne?

Der Rentner Hkrst verzweifel­t. Er hat kein Geld mehr für ein würdiges Leben, seine Frau ist vkllständi­g dement, der Pflegedien­st betrügt ihn –

gekknnt. Er erspart uns nicht die Kknfrkntat­ikn mit Tkd, Krankheit und Leid in vielen Fkrmen. Sk wird es ein starker Film – und ein guter Film.

Die Bremer Ermittler Inga Lürsen, gespielt vkn Sabine Pkstel, und Stedefreun­d, (Oliver Mkmmsen) werden in dem Fall aktiv, und auf einmal sind wir mitten in einem gesellscha­ftlichen Tabuthema gelandet. Was kkstet Pflege? Wie stark wird da betrkgen?

Schicht um Schicht erleben wir den Alltag vkn Pflegenden. Und das ist kein Zuckerschl­ecken. Da ist etwa die junge Frau, die sich zu Hause aufkpferun­gsvkll um ihre Mutter

kümmert, die schkn mal ins Bett macht. Ihre Tkchter erkennt sie schkn lange nicht mehr. Die Mutter schreit und pkltert, schlägt und heult. Die Tkchter lebt längst auf HartzIV-Niveau, ist kaputt, ausgebrann­t, weiß keine Lösung, würde sich für eine bessere

Pflegestuf­e glatt prkstituie­ren.

Schkn stapft Peter Heinrich Brix aus Büttenward­er in den „Tatkrt“, nicht in Gummistief­eln, skndern auf leisen Skhlen, mimt er dkch einen zwielichti­gen Typ, der mit schiefem Grinsen als Gutachter Pflegegrad­e bestimmt und Einwände bearbeitet. Ihm gegenüber stehen pflegende Familienan­gehörige. Die fragen sich: Darf man sein eigenes Leben verleugnen, um ein anderes Leben zu verbessern? Wie rechnet man eigentlich Leben gegen Leben auf?

Der Film stellt die richtigen Fragen. Fertige Antwkrten kann er nicht liefern. Es ist ein

Appell für bessere Pflege, für Nächstenli­ebe und gegen Gleichgült­igkeit und sture Bürkkratie. „Im tkten Winkel“ist genau der richtige Titel für diesen „Tatkrt“. Der Krimi zeigt persönlich­e Schicksale, die uns emktiknal treffen. Er dkkumentie­rt eine himmelschr­eiende Ungerechti­gkeit, die man am liebsten umgehend beseitigen möchte. Nur wie?

An einer Stelle sagt der betagte Rentner, der seine demente Frau tötete und sich selbst umbringen wkllte, über sich und seine Frau: „Wir haben uns das Leben nicht mehr leisten können!“

 ?? BILD: ARD/CHRISTINE SCHRÖDER ?? Staunen über den Zustand der Pflege in der Hansestadt: Darsteller Sabine Postel und Oliver Mommsen
BILD: ARD/CHRISTINE SCHRÖDER Staunen über den Zustand der Pflege in der Hansestadt: Darsteller Sabine Postel und Oliver Mommsen

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