Str&it um Erhalt der Förderschule Lernen
Landesregierung ermöglicht Verlängerung – Dezernentin und Teile der Politik dagegen
Die Schule am Bürger; busch, die 128 Schüler hat, müsste noch nicht so früh auslaufen, wie zunächst geplant. Darü; ber wird gestritten.
OLDENBURG – Wo sie steht, war allen bekannt, aber Schuldezernentin Dagmar Sachse wollte es zu Anfang der Schulausschusssitzung am Dienstagabend im Rathaus gleich zu Anfang auch gerne noch einmal dick unterstreichen: „Ich habe mich dem Thema Inklusion verschrieben.“Die Stadt sei für ihre Vorreiterrolle sogar bundesweit bekannt.
Schließlich sollte es in der Sitzung um die Frage gehen, ob die Kommunalpolitiker den Eltern die Möglichkeit geben wollen, ihre Kinder auch weiterhin auf die Förderschule Lernen zu schicken. Diese Chance hatte die neue Landesregierung aus SPD und CDU den betroffenen Kindern und ihren Eltern gerade eröffnet – sofern die einzelnen Kommunen das wollen. RotGrün hatte zuvor gegen das Auslaufen der Schule gestimmt.
Wie die Linien in der Oldenburger Politik in diesem Punkt verlaufen, zeigte sich deutlich: Die CDU ist klar für eine Respektierung des Elternwillens und damit auch für den längstmöglichen Erhalt der Förderschule Lernen neben den anderen Förderschulen, die ohnehin erhalten bleiben. Den Eltern solle die Wahl bleiben, was sie für ihre Kinder für am besten hielten, so die CDU. Entsprechend brachten sie einen Antrag ein, der den Eltern beide Alternativen ließe.
Die Grünen, die sich mit der Schuldezernentin der Inklusion verschrieben haben, lehnen es ab, von der Möglichkeit eines längeren Erhalts der Förderschule Lernen Gebrauch zu machen und den Eltern diese Alternative wieder anzubieten. Sie drängten auch die SPD dazu, diese Linie zu verfolgen.
Die Linke will wie die Grünen hier nur noch die Inklusion dulden, die FDP ist offen
für die Wünsche der Eltern und wäre bereit, die Förderschule Lernen deshalb auch länger zu erhalten.
Grüne und Linke dagegen
Etwas schwieriger wird es bei der SPD, so hatte es den Anschein: Der Antrag der CDU sei erst vor wenigen Tagen eingegangen und man werde sich so schnell noch nicht auf Zustimmung oder Ablehnung festlegen können, hieß es. Zunächst solle das parteiintern in Ruhe abgestimmt werden. Um das zu ermöglichen, wurde eine Vertagung der Entscheidung (auf 9. April, 15 Uhr) beantragt, die von der Mehrheit unterstützt wurde – nicht aber von Grünen und Linken, die für eine sofortige Ablehnung plädierten. Sie wollen, dass sämtliche
Ressourcen nun in die Inklusion gegeben werden.
In der Debatte äußerte sich die Schuldezernentin „unglücklich“darüber, dass den Eltern von Kindern mit Förderbedarf im Bereich Lernen nach Sicht der SPD-/CDULandesregierung mit einer Verlängerung wieder eine Alternative gegeben werden kann. Sie sei „enttäuscht, dass darüber überhaupt noch gesprochen wird – ich will nicht, dass der Inklusionsprozess aufgehalten wird“.
Eine Vertreterin der Lehrkräfte in der Stadt, die selbst an der Förderschule Lernen unterrichtet, wies auf die Überlastung vieler Lehrkräfte durch die Inklusion hin: „Viele haben das Gefühl: Das schaffen wir nicht mehr ganz. Dabei ist die Situation an den Grundschulen noch viel
schlechter als an den Oberschulen“, die wegen ihrer Überlastung durch Inklusion und Migration ja jetzt möglicherweise eine Stärkung erfahren. Selbstverständlich seien „einige Kinder sehr glücklich mit der Inklusion“, es gebe aber eben auch „Kinder, die zu uns an die Förderschule Lernen kommen, weil sie vorher an der Regelschule gelitten haben“.
Erfolge von Förderschule
Es stelle sich die Frage, „warum geben wir den Eltern nicht die Möglichkeit, wenn der Bedarf noch besteht?“. Es sei eine gute Sache, wenn etwa die IGS Helene-LangeSchule jetzt gerade eine Oberstufe für geistig behinderte Kinder einrichten wolle, es sei aber keine gute Sache, wenn man für die Inklusion eine ganze Schulform abschaffe.
Franz Norrenbrock, Vorsitzender der „Wählergemeinschaft „Wir für Oldenburg“aus der Fraktion WFO-LKR sah es ähnlich: Er sehe den Gedanken der Inklusion als positiv und unterstützenswert an. „Wir sollten uns den Kindern aber nicht verweigern, die die Förderschule Lernen noch brauchen. Die Eltern sind am nächsten dran und wissen, was für ihre Kinder am besten ist. So lange die Anmeldungen da sind, sollte man die Förderschule nicht schließen.“Das sah Prof. Dr. Dr. Roland Zielke (FDP) genauso: „Wir wollen eine inklusive Gesellschaft, aber wir sollten die Gesetzesänderung nicht in Bausch und Bogen abtun. Das waren sehr kluge und sehr menschliche Worte von Herrn Norrenbrock, denen ich mich ausdrücklich anschließe.“
Thomas Theilsiefje von der CDU verwies nicht nur auf die hohe Sozialkompetenz der Schüler in der Förderschule Lernen, sondern auch auf die Erfolge in der Überführung ins Berufsleben. Theilsiefje: „Wir wollen ein Wahlrecht für alle. So lange wir im Inklusionsbereich zu wenige Lehrkräfte und Sozialpädagogen haben, und das wird auch künftig so sein, wird die Inklusion aus meiner Sicht nicht richtig funktionieren.“Michael Schilling (CDU) ergänzte: „Man zieht doch nicht aus einem alten Haus aus, bevor das Neue fertig ist.“Es fehle „massiv an Personal und Räumen“, von einer „guten Umsetzung der Inklusion“könne deshalb derzeit nicht gesprochen werden. „Die Einführung der Inklusion ist in dieser Form nicht verantwortlich gegenüber Schülern und Lehrkräften.“
Die Grünen wollten dem nicht folgen. Christine Wolff sagte, die Kinder müssten dafür zwar „ihre Komfortzone an der Förderschule verlassen“und es könnten Probleme mit dem Wechsel verbunden sein, für das große Ganze einer inklusiven Gesellschaft sei es aber richtig, außerdem würden die Förderschullehrkräfte nun in den Regelschulen gebraucht.