Genossen fordern „Revolution!“für bessere Renten
Gesetzliche Alterssicherung auf höherem Niveau sei machbar und dringend nötig
OLDENBURG – Ein Oldenburger Abend mit der SPD – na, das klingt doch sehr lokal, ja fast schon harmonisch. War’s aber nicht. Und das hing vor allem mit dem ausgerufenen Thema zusammen: „Eine gesetzliche Rente mit gesichertem Lebensstandard ist möglich“. Klar, dass dies angesichts aktueller Probleme und persönlicher Erfahrungswerte nicht alle Anwesenden zu teilen vermochten. Erst recht nicht nach einem Blick ins jüngste, von der Basis abgenickte Koalitionspapier der großen Altparteien.
Dagmar Hühne und Holger Balodis – Journalisten mit sozialpolitischem Schwerpunkt – hatten diese These aufgestellt und im Havana vertreten. Was bringt die Groko den Rentnern? Was hätte sie bringen können?
Das Bild des deutschen Rentensystems, das die beiden Referenten wohl nicht nur zugunsten ihres Sachbuchverkaufs zeichneten, hatte trotz entsprechender Ansätze nur wenig Potenzial für eine echte Sachdiskussion, sehr wohl aber für eine emotionale. „Seit 1990 hat unsere Rente um mindestens 30 bis 35 Prozent an Wert verloren“, hieß es da, „das spiegelt die Konstanthaltung des Rentenniveaus aber nicht wider.“Das Verhältnis von Rente zum Lohn solle bis zum Jahr 2025 nicht unter 48 Prozent fallen, der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. Klinge gut, sei aber eine Mogelpackung. Denn die Korrekturen wie Erwerbsminderungsrente („nicht für Bestandsrentner“), Mütterrente II („krasse Ungleichbehandlung, weil für Elternteile mit drei Kindern gedacht“) oder Grundrente („Sozialhilfe deluxe“) würden nur einem begrenzten Personenkreis Unterstützung geben. Und: „Bleibt es so, droht über 40 Prozent aller heute Beschäftigten eine Rente auf Grundsicherungsniveau“.
Dabei sei die Umlagefinanzierte Rente ja gar nicht mal das Übel, sehr wohl aber deren Ausstaffierung. Wie man es besser machen könnte: Riester abwickeln („volkswirtschaftlicher Nonsens!“), Bundesanteil und Beitragsbemessungsgrenze anheben, Erwerbstätigenversicherung einführen, Beitragssatzsteigerung und auch die Einführung von Mindestrenten. Ähnliche Modelle würden in Österreich bestens funktionieren, so Balodis – dort erhielten die Bürger im Schnitt „rund 40 Prozent höhere Renten“.
Das wiederum hörte man hier in der Runde – die aus vielen Mitgliedern der veranstaltenden Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen bestand –, gerne. Allein: Es fehlte am Glauben. Wie man das denn wohl umsetzen und die 2016 zumindest in Oldenburg geforderte Abkehr vom Drei-Säulen-Modell bewerkstelligen könnte? Montags-Demos? Online-Petition? „Wir brauchen eine Rentenrevolution“, schallte es da durch den Raum, „das müssen Politiker machen. Ich sehe aber keinen Willy Brandt!“Und plötzlich wurde da über Bismarck geredet, über Verarmung im Alter und über jene „Privilegierte“, die die Gesetze machten und unbeteiligt über die Renten der anderen bestimmten. Was dann auch Moderatorin Hanna Naber (MdL) persönlich nahm. „Auf das pauschale PolitikerBashing gehe ich nicht ein, ich scheffle mir nicht die Taschen voll“, sagte sie. Als die Diskussion von sachlicher Aufbereitung zur gesellschaftlichen Grundsatzfrage zu kippen drohte und auch die Arbeit der Parteibundesspitze vehement in den Fokus gerückt wurde, besann man sich im Rund auf frühere Werte – streitbar ja, aber eben doch irgendwie vereint. „Geschichte wird gemacht“, sagte Naber da, „das bedingt aber auch, dass jemand mitmacht.“