Bergedorfer Hühner kommen viel rum
AN WIRT A T Mobiler Stall macht immer frische Futterplätze möglich
Seit Anfang Februar betreiben Kirsten und Stefan Bruns ihre eigene Hühnerhaltung. Ihre 195 Hennen und zwei Hähne haben sogar Terrasse und Wintergarten.
BERGEDORF – Diese Hühner haben keinen Stall, es ist mehr ein Wohnmobil: mit angebauter „Terrasse“sogar und einem großzügigen „Wintergarten“im Untergeschoss, von wo es unter den hochgeschobenen Plexiglas-Klappen hindurch nach draußen geht, zum frischen Frühlingsgras auf der Obstwiese. Und wenn das Gras hier verzehrt ist, werden die Tiere mitsamt ihrem fahrbaren Untersatz zum nächsten nahrhaften Standort gebracht.
Ob es „glückliche Hühner“sind, lässt sich schwer sagen, sie gackern ja nur. Aber das zumindest hört sich sehr zufrieden an. Genauso fühlen sich ihre Besitzer: Kirsten und Stefan Bruns aus Bergedorf. „Unseren Hühnern soll es gut gehen, das ist mir wichtiger als 100 Prozent Legeleistung“, betont Kirsten Bruns.
Bisher Eier zugekauft
Vor gut einem Monat haben die 29-Jährige und ihr Mann (35) mit der Hühnerhaltung begonnen, als zusätzliches Standbein zum Obstund Gemüseanbau, dessen Produkte sie auf den Wochenmärkten in Ganderkesee und am Oldenburger Pferdemarkt anbieten, sowie zum Kaminholzund Tannenbaumverkauf, der vor allem in den Wintermonaten läuft. „Wir hatten bisher zugekaufte Eier angeboten“, erzählt Stefan Bruns. „Aber dann fragten immer mehr Kunden kritisch
nach der Herkunft, erst recht nach dem Fibronil-Skandal.“Also beschlossen die beiden Bergedorfer: Die Eier können wir auch selber produzieren.
Ganz bewusst haben sie sich für einen mobilen Stall entschieden. „In Süddeutschland sind die schon sehr verbreitet“, sagt Stefan Bruns, „bei uns im Norden kommen sie jetzt so langsam“. In der Gemeinde Ganderkesee hat Anfang des Jahres schon der Schönemoorer Marc Bührmann einen fahrbaren Hühnerstall angeschafft (die berichtete).
„Diese Ställe haben deutlich zugenommen“, weiß auch Dieter Oltmann, Geschäftsführer des Landesverbandes der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft. Möglich gemacht habe das eine Änderung der niedersächsischen Bauordnung aus dem vergangenen Jahr: Bis zu einer gewissen Größe – 450 m³
Rauminhalt – sind die rollenden Ställe genehmigungsfrei. Der Verband empfehle den Haltern aber, sie auf jeden Fall bei den Landkreisen anzumelden, um immissionsrechtliche Probleme zu vermeiden.
„Uns hat das Konzept der mobilen Haltung überzeugt“, erklärt Kirsten Bruns. „Wir haben hier genügend Fläche, so dass der Wagen alle zwei Wochen hinter den Trecker gehängt und umgestellt werden kann.“Selbst im Seuchenfall, wenn Stallpflicht angeordnet ist, können die Hühner im „Wintergarten“unter ihrem Stall immer noch im Gras picken und scharren.
Drinnen hängt neben den Futterrinnen mit Legemehl auch ein Fresskorb mit Möhren und Salat: „Darin können wir immer gut loswerden, was beim Wochenmarkt übrig bleibt“, beschreibt Kirsten Bruns einen weiteren „WinWin-Effekt“.
Guter Geschmack
Die Produktion ihrer 195 Hühner – zwei Hähne sind auch noch im mobilen Stall – vermarktet Familie Bruns als „Bergedorfer Wiesen–Ei“. Man schmeckt den Unterschied, davon sind die Halter selbst überzeugt, das bestätigen ihnen aber auch die Kunden. „Durch das Gras und Gemüse bekommt das Ei ein sattes Eigelb und einen guten Geschmack“, findet Kirsten Bruns.
Trotzdem bezeichnen Kirsten und Stefan Bruns ihre Hühnerzucht als „konventionell“– das Etikett „Bio“wollen sie sich gar nicht anheften. „Bio kann auch Gemüse aus Portugal sein“, beschreibt Stefan Bruns seine Sicht, „das ist zwar frisch, aber eben über Tausende Kilometer hierher transportiert.“Seine Frau bevorzugt das Prädikat „regional“für die eigenen Produkte. „Und dabei wollen wir das Tierwohl im Blick behalten“, betont sie. Darum plant das Ehepaar Bruns zunächst auch keine Erweiterung ihrer Hühnerhaltung. „Es gibt mobile Ställe für 1000 Hühner“, weiß die Bergedorferin, „aber das wollen wir nicht.“
Direktverkauf ab Hof
Ausbauen möchten sie aber die Direktvermarktung: Seit Kurzem steht an der Hofeinfahrt eine Holzbude, in den Regalen liegen Kartoffeln, Obst, Gemüse – und neuerdings auch die „Wiesen-Eier“für die Kunden bereit. Und einen pädagogischen Aspekt hat Kirsten Bruns auch noch im Sinn: „Hier können Kinder noch richtige Hühner sehen.“Der Kindergarten Bergedorf hat sich schon zum Besuch angemeldet.
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