Fall Högel: Ex-K&llegin muss v&r Geri'(t
Stellvertretende Stationsleiterin aus Delmenhorst angeklagt – Totschlag durch Unterlassung
Insgesamt sind vier ehemalige Kollegen von Högel angeklagt. Sie sollen Morde in der Klinik nicht verhindert haben.
OLDENBURG/DELMENHORST – Im Fall des Klinikmörders Niels Högel muss sich eine weitere ehemalige Kollegin des Krankenpflegers vor Gericht verantworten: Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hat jetzt das Hauptverfahren gegen eine stellvertretende Stationsleiterin des damaligen Klinikums Delmenhorst eröffnet. Die heute 62-Jährige soll durch Unterlassung den Tod von Patienten billigend in Kauf genommen haben.
Die Pflegerin ist die vierte ehemalige Klinik-Mitarbeiterin, der im Zuge der Mordserie Högel der Prozess gemacht wird. Bereits im März 2017 hat das Landgericht das Hauptverfahren gegen zwei damalige Oberärzte (heute 60 und 68 Jahre alt) sowie gegen den damaligen Stationsleiter (60) eröffnet. Die vier Mitarbeiter sollen laut Anklage nach dem Tod von Patienten im Jahr 2005 weitere Taten von Högel für möglich gehalten haben,
aber nicht eingeschritten sein.
Die Staatsanwaltschaft hatte sogar sechs Mitarbeiter angeklagt. Im Fall eines Pflegers (48) und zweier stellvertretender Stationsleiterinnen (57 und 62) ließ das Landgericht die Anklage aber nicht zu, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht sah. Nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft korrigierte das OLG diese Entscheidung nun im Fall der 62-Jährigen: Als stellvertretende Stationsleitung hätte sie sicherstellen müssen, dass von Högel keine Gefahr für die Patienten ausgehe, urteilte das OLG. Zwar habe die Frau ihren unmittelbaren Vorgesetzten über Verdachtsmomente gegen Högel informiert, sie hätte aber, als der Kollege untätig blieb, „an die nächste Führungsebene herantreten müssen“.
Für den 48-jährigen Pfleger und die zweite stellvertretende Stationsleitung bestätigte das OLG die Entscheidung des Landgerichts: Beide hätten ihre Pflicht erfüllt, indem sie ihre Erkenntnisse über Högel umgehend weitergeleitet hätten.
Der ehemalige Pfleger Niels Högel muss sich vermutlich ab Oktober wegen Mord in 97 Fällen vor Gericht verantworten. In sechs weiteren Fällen ist er bereits verurteilt worden.
Ermittelt wird auch gegen damalige Mitarbeiter des Klinikums Oldenburg. Auch dort geht es um den Vorwurf, dass Ärzte und Pfleger Morde nicht verhindert haben. Die Untersuchungen sind aber noch nicht abgeschlossen.