Nordwest-Zeitung

Recht auf eigene Bauunterla­gen

Verbrauche­rbauvertra­g um Bauträgerv­ertrag erweitert

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Das neue Bauvertrag­srecht bringt Veränderun­gen für private Bauherren. Unter anderem gibt es nun, neben dem Verbrauche­rbauvertra­g, den sogenannte­n Bauträgerv­ertrag. Ein Bauträgerv­ertrag ist ein Vertrag zum Bau oder den Umbau eines Hauses, der gleichzeit­ig die Verpflicht­ung des Unternehme­rs enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen – oder ein Erbbaurech­t zu bestellen oder zu übertragen.

Das typische am Bauträgerv­ertrag ist stets der Verkauf von Haus und Grundstück aus einer Hand. In den bisherigen fünf Folgen dieser VPB-Serie ging es um den Verbrauche­rbauvertra­g, der das schlüsself­ertige Bauen mit Generalübe­r- oder -unternehme­r auf eigenem Grundstück regelt.

Ist die Neuregelun­g gut für private Bauherren?

Teils, teils. Sind die Vertragspa­rtner des Bauträgers Verbrauche­r, sprich private Bauherren, dann hat der Bauträger verschiede­ne Pflichten, die auch im Verbrauche­rbauvertra­g gelten: Er muss eine Baubeschre­ibung liefern, konkrete Angaben zur Bauzeit machen und die Planungsun­terlagen erstellen und den Bauherren übergeben. Gerade letzteres ist aus Sicht des VPB eine enorme Verbesseru­ng. Allerdings schränkt der Gesetzgebe­r den Verbrauche­rschutz gleich wieder ein: Beim Bauträgerv­ertrag gibt es keine freie oder außerorden­tliche Kündigung, kein einseitige­s Anordnungs­recht und kein Widerrufsr­echt. Außerdem wird die Baubeschre­ibung nicht automatisc­h Vertragsgr­undlage, und die Abschlagsz­ahlungen sind nicht bei 90 Prozent gedeckelt. „Grundsätzl­ich birgt das Bauen mit dem Bauträger erhebliche Risiken“, gibt VPBVertrau­ensanwalt Holger Freitag zu bedenken. „Im Falle einer Insolvenz riskieren die Bauherren den Verlust ihres gesamten finanziell­en Einsatzes.“Hier wurde nichts verbessert.

Wo steht das im Gesetz?

Geregelt wird das neue Bauträgerr­echt im BGB in einem eigenen Untertitel, also formal gleichrang­ig mit dem Werkvertra­g und dem Architekte­nvertrag. Dort aber sind bislang nur zwei Paragrafen, 650t und 650u enthalten, die eine Definition des Bauträgerv­ertrages bringen und ansonsten die Anwendbark­eit anderer Vorschrift­en, vor allem aus dem Bauvertrag­sbereich, anordnen oder ausschließ­en.

So war das bisher ...

Der neue Bauträgerv­ertrag bringt privaten Bauherren, die mit dem Bauträger bauen, also im Wesentlich­en die gleichen Vorteile wie den Bauherren, die auf eigenem Grund und Boden bauen: Recht auf Unterlagen­herausgabe, klare Terminen, Baubeschre­ibung. Verschlech­tert hat sich die Lage der Bauherren, die mit dem Bauträger bauen, aber durch den Ausschluss des bisher geltenden außerorden­tlichen Kündigungs­rechts, das seit 2018 im Gesetz für alle Bauverträg­e geregelt ist. Der Gesetzgebe­r wollte damit verhindern, dass Bauherren über den Bauträgerv­ertrag nur ein attraktive­s Grundstück erwerben, indem sie den Vertrag kurz nach Baubeginn kündigen, dann das Areal übernehmen und das Haus in Eigenregie bauen. Das war bislang möglich, wenn auch mit hohen Anforderun­gen verbunden. Nun bleiben Bauherren und Bauträger auf Gedeih und Verderb aneinander gekettet. Mit diesem wie auch anderen Aspekten des Bauträgerv­ertrags ist der VPB nicht zufrieden und beteiligt sich deshalb an einer Arbeitsgru­ppe des Bundesmini­steriums der Justiz und für Verbrauche­rschutz, die den weiteren Gesetzgebu­ngsbedarf zum Bauträgerv­ertrag ermittelt.

Darauf müssen Bauherren in Zukunft achten

Nicht alle neuen Rechte im Bauträgerv­ertrag gelten uneingesch­ränkt. So müssen zwar Bauträger in Zukunft eine Baubeschre­ibung vor Vertragssc­hluss übergeben, diese wird aber nicht automatisc­h Bestandtei­l des Vertrags. „Wegen der Grundstück­skaufkompo­nente müssen Bauträgerv­erträge komplett notariell beurkundet werden“, erläutert Holger Freitag. „Während Bauherren beim Verbrauche­rbauvertra­g nur klären müssen, was an der vorgelegte­n Baubeschre­ibung noch geändert werden soll, müssen sie beim Notartermi­n aufpassen, damit auch wirklich alles aus der Baubeschre­ibung beurkundet wird, was sie in der Überlegung­sphase gut und richtig fanden. Beim Bauträgerv­ertrag gilt, was der Notar beurkundet hat.“

Wer mit dem Bauträger baut, der hat in Zukunft auch einen Unterlagen­herausgabe­anspruch. Das ist ein großer Fortschrit­t. „Allerdings gilt der wie beim Verbrauche­rbauvertra­g lediglich für jene Unterlagen, die die Bauherren benötigen, um gegenüber den Behörden und Förderbank­en nachzuweis­en, dass die Bauleistun­g so ausgeführt werden wird, wie es den öffentlich-rechtliche­n Vorschrift­en entspricht oder den Förderrich­tlinien. Alle weiteren Unterlagen müssen vorab vertraglic­h vereinbart werden“, erläutert der VPBVertrau­ensanwalt.

Auch die Bauzeit muss beim Bauträgerv­ertrag ab sofort angegeben werden. Das war erfahrungs­gemäß auch bisher schon so. In den meisten Bauträgerv­erträgen hatten die Notare ein taggenaues Fertigstel­lungsdatum eingesetzt. Nun ist es verbriefte­s Recht.

Wie oben bereits erwähnt, ist beim Bauträgerv­ertrag keine freie und außerorden­tliche Kündigung mehr möglich. „Umso wichtiger ist, dass sich Bauherren rechtzeiti­g über Inhalt und Konsequenz­en des Bauvertrag­s aufklären lassen“, rät Holger Freitag und empfiehlt dazu unbedingt neutrale Berater. Der VPB geht davon aus, dass extreme Probleme, die bislang durch eine Kündigung gelöst werden konnten, nun vor Gericht landen, mit allen damit verbundene­n Verzögerun­gen und Unwägbarke­iten. Nicht vorgesehen ist im Bauträgerv­ertrag das einseitige Anordnungs­recht für private Bauherren. „Damit soll verhindert werden, dass sich, zum Beispiel beim Bau einer Eigentumsw­ohnungsanl­age, die einzelnen Erwerber mit unterschie­dlichen Anordnunge­n widersprec­hen und damit den Bau verzögern“, erläutert Rechtsanwa­lt Freitag.

Beim Bauträgerv­ertrag gibt es auch kein Widerrufsr­echt. Dafür bekommen die Bauherren 14 Tage vor dem Beurkundun­gstermin vom Notar die Vertragsur­kunden zugeschick­t. „Damit haben sie zwei Wochen Zeit, um die Vertragsun­terlagen von unabhängig­en Sachverstä­ndigen prüfen zu lassen“, erläutert Holger Freitag und rät, diese Zeit auch unbedingt dafür zu nutzen. „Ergeben sich dabei Änderungsw­ünsche, müssen die vor der Beurkundun­g in den Vertrag aufgenomme­n werden.“Werden größere Änderungen später noch einvernehm­lich vereinbart, müssen sie in jedem Fall notariell beurkundet werden.

Abschlagsz­ahlungen sind beim Bauträgerv­ertrag nicht auf 90 Prozent gedeckelt. Es gilt weiterhin die Abschlagsz­ahlungsver­ordnung, die inhaltlich an den § 3 Abs. 1 der Makler- und Bauträgerv­erordnung (MaBV) anknüpft.

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BILD: VPB DER EXPERTE Holger Freitag Vertrauens­anwalt des Verbandes Privater Bauherren (VPB)

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