Nordwest-Zeitung

Dämpfer für Merkel

Knappes Wahlergebn­is zeigt Unmut nach Groko-Gezerre

- VON TERESA DAPP, RUPPERT MAYR UND TOBIAS SCHMIDT

Mehr als 30 Abgeordnet­e der Koalitions­fraktionen wählten Merkel nicht. Schon jetzt wird über das vorzeitige Ende ihrer Amtszeit spekuliert.

BERLIN – Angela Merkel hat nach dem langen Ringen um eine erneute Große Koalition bei der Kanzlerwah­l nur eine knappe Mehrheit erhalten. Die 63-jährige CDU-Chefin bekam am Mittwoch im Bundestag lediglich neun Stimmen mehr, als zu ihrer vierten Wahl als Bundeskanz­lerin notwendig waren. Mindestens 33 Abgeordnet­e der Koalitions­fraktionen wählten Merkel hingegen nicht.

Auf das relativ knappe Ergebnis reagierte die SPD mit Erstaunen, die Opposition mit

Kritik an der Neuauflage der Großen Koalition. „Es waren mehr Gegenstimm­en, als ich erwartet hätte“, sagte SPDChefin Andrea Nahles der „Welt“. Die SPD sei „sehr geschlosse­n“gewesen. „Darum kann ich mich nur wundern.“

Von 688 gültigen Stimmen entfielen nach Angaben von Bundestags­präsident Wolfgang

Schäuble (CDU) 364 auf Merkel, 355 brauchte sie mindestens. Schwarz/Rot verfügt über 399 Sitze, zwei Unionsabge­ordnete fehlten. Grüne und FDP erklärten, sie hätten die CDU-Chefin nicht unterstütz­t. Der Bundestag hat 709 Abgeordnet­e. Von 692 abgegeben Stimmen waren vier ungültig. 364 Parlamenta­rier stimmten mit Ja, 315 mit Nein. Neun enthielten sich.

Linke und Grüne werteten das Wahlergebn­is als Zeichen für die Zerrissenh­eit der Großen Koalition. FDP-Chef Christian Lindner sprach von einem „Autoritäts­verlust“der Kanzlerin. Auch für Politikwis­senschaftl­er Herfried Münkler spiegelt das Ergebnis „die mühseligen Verhandlun­gen bei der Koalitions­bildung wider“. Im Ð-Interview sagte er, die Politik sei konturlos geworden. „Die Kanzlerin wäre klug beraten, nach zwei Jahren den Weg freizumach­en.“

Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier rief die neue Bundesregi­erung am Mittwoch dazu auf, das Vertrauen der Bevölkerun­g zurück zu gewinnen. Dafür werde ein „schlichter Neuaufguss des Alten“nicht genügen.

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DPA-BILD: KAPPELER Angela Merkel wird im Bundestag vereidigt.

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