Nordwest-Zeitung

Von der Politik überrumpel­t

NWZ-Reporter über die „Wut der ganz normalen Leute“

- VON ERHARD DROBINSKI

Der Journalist Karsten Krogmann stellte sich den Fragen des Publikums. Vieles werde eher au< Ge<ühls- denn au< Sachebene diskutiert.

WIEFELSTED­E – Seit den Bundestags­wahlen im September vergangene­n Jahres hat sich die politische Landschaft sehr verändert. Und auch die Einstellun­g der Menschen gegenüber der Politik und den Politikern ist eine andere geworden. Wurden früher politische Entscheidu­ngen eher hingenomme­n, ohne groß nachzufrag­en, wird heute vieles, was in Berlin entschiede­n wird, nachgefrag­t und diskutiert. Allerdings mehr auf der Gefühlsals auf der Sachebene.

Über die „Wut der ganz normalen Leute“schrieb der Oldenburge­r Ð-Reporter Karsten Krogmann am 27. September 2017 einen entspreche­nden Kommentar. Am Dienstagab­end stellte er sich im Rudolf-Bultmann-Haus in Wiefelsted­e den Fragen des anwesenden Publikums, alle mehr oder weniger in der Flüchtling­sarbeit engagiert. Denn gerade die Flüchtling­swelle und der Umgang mit diesem Personenkr­eis machten aus manch liberalem einen sehr konservati­v eingestell­ten Menschen.

Organisier­t und durchgefüh­rt wurde der Abend vom

Kirchenkre­is Ammerland in Zusammenar­beit mit der Evangelisc­hen Erwachsene­nbildung und dem Diakonisch­en Werk Ammerland.

Krogmann hob in einem Impuls-Referat Gründe hervor, die zu diesen Änderungen in der Einstellun­g vieler Menschen führten. „Menschen sehen Politiker als abgehoben an und fühlen sich nicht mehr verstanden.“

Nicht nur der Umgang mit den Flüchtling­en, durch den sich Bürger durch die Politik zurückgese­tzt fühlten, auch das Thema „Diesel“belege die Unfähigkei­t der Politiker, sich im Interesse der Bürger einzusetze­n.

Was immer Karsten Krogmann wieder hervorhob,

war, dass es in der Betrachtun­g der Verhaltens­weisen vieler Menschen um Gefühle geht – und was diese mit ihnen machen: „Die Bürger werden nicht in Entscheidu­ngsprozess­e eingebunde­n und fühlen sich überrumpel­t.“

Eine sich immer schneller verändernd­e Gesellscha­ft trage zur Verunsiche­rung noch bei – dies werde etwa beim Thema „Digitalisi­erung“deutlich. Dadurch würden Zukunftsän­gste geweckt, die von der Politik nicht aufgenomme­n würden.

Wie allerdings der „Wut der ganz normalen Leute“begegnenS Hierauf eine Antwort zu geben, sei fast unmöglich. Auf sachlicher Ebene könne fest- gehalten werden, dass etwa die Flüchtling­e nicht Schuld an der Wohnungskn­appheit sind. Zu wenig Wohnraum habe es auch schon vorher gegeben. Als Journalist, betonte Krogmann, sei es wichtig, das zu sagen und zu schreiben, was ist. Hierbei bestimmte Aspekte nicht zu berücksich­tigen, das könne in den Augen der Leser dazu führen, unzureiche­nd oder falsch informiert zu werden. „Der Gedanke der Unzufriede­nheit ist ganz tief in der Mitte der Gesellscha­ft verankert. Es ist politisch gefährlich, die Wut der Abgehängte­n zu ignorieren,“sagte der Journalist.

In jedem Fall seien Politiker gefordert, besser zuzuhören und zu Sachverhal­ten nicht zu schweigen. Notwendig sei aber auch, mit Schlagzeil­en in den Zeitungen verantwort­ungsvoller umzugehen, hieß es in der Diskussion. Denn diese manipulier­ten die Gedanken der Leser, wie ein Besucher betonte. Überschrif­ten müssten zum Text passen. Zudem wurde angeregt, die Leser mehr in einen Austausch mit den Redakteure­n eintreten zu lassen. Die Leserbrief­seite in der Samstagaus­gabe der Ð könnte sich zu einer entspreche­nden Plattform entwickeln.

Mit dem Diskussion­sabend zeigten sich Kreispfarr­er Klaus Dede als Moderator und auch Krogmann sehr zufrieden.

@ „Die Wut der ganzen normalen Leute“: http://bit.ly/2FE0qWn

 ?? BILD: ERHARD DROBINSKI ?? Zufrieden mit der Diskussion (von links): Kreispfarr­er Lars Dede und Ð-Reporter Karsten Krogmann
BILD: ERHARD DROBINSKI Zufrieden mit der Diskussion (von links): Kreispfarr­er Lars Dede und Ð-Reporter Karsten Krogmann

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