Nordwest-Zeitung

Widerruf nach Kauf klappt nirgends reibungslo­s

Fehler in Bestellfor­mularen – Hinweise auf Kundenrech­te im Kleingedru­ckten

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BERLIN/KU – 17 Milliarden Euro wurden 2016 im Direktvert­rieb umgesetzt, meldet der Bundesverb­and Direktvert­rieb (BDD). Zu dieser Vertriebsa­rt zählen auch Verkaufspa­rtys, wo im Wohnzimmer von Nachbarn oder Freunden beim Gläschen Sekt eingekauft wird – je nach Abend Tupperware oder Kosmetik, Mode oder Küchenmasc­hinen. Doch wie steht es um die Kundenrech­te bei solchen Verkaufspa­rtys? Weiß jeder, dass Kunden dort ein Widerrufsr­echt haben wie beim Onlineshop­ping? Bekommt der Kunde eine Garantie auf die gekauften Produkte? Antworten auf diese Fragen gibt die Zeitschrif­t „Finanztest“in ihrer April-Ausgabe.

Ein „Finanztest“-Redakteur macht den Selbstvers­uch und nahm an drei Verkaufspa­rtys teil: an einer Tupperpart­y, einem Erlebnisko­chen des Thermomix-Hersteller­s Vorwerk und einer Toyparty des Erotikhänd­lers Amorelie. Er hat dort Ware eingekauft, für einige Einkäufe anschließe­nd den Widerruf erklärt und diese Artikel wieder zurückgesc­hickt.

Das Ergebnis ist eindeutig: Nirgends klappte der Widerruf reibungslo­s.

Wie beim Onlineshop­ping haben Kunden, die auf Verkaufspa­rtys kaufen, ein 14-tägiges Widerrufsr­echt. Die Frist für den Widerruf beginnt nicht am Abend der Party,

sondern erst, wenn der Verbrauche­r die Ware erhält. Das ist wichtig etwa für Geräte wie den Thermomix, auf den Besteller in der Vergangenh­eit zum Teil Wochen warten mussten. Hat die Widerrufsb­elehrung Fehler, dürfen Käufer sogar ein Jahr und 14 Tage

lang widerrufen.

Der Kölner Rechtsanwa­lt Rolf Becker, Experte für Versandhan­delsrecht, hat die Bestellfor­mulare für „Finanztest“geprüft und Fehler gefunden. Die Widerrufsb­elehrung im Amorelie-Formular, das der Redakteur auf der Verkaufspa­rty im Februar 2018 erhalten hat, bezieht sich auf eine alte Gesetzesla­ge. Bei Tupperware befindet sich der Hinweis aufs Widerrufsr­echt versteckt auf der Rückseite des Bestellfor­mulars unter der irreführen­den Überschrif­t „Tupperware-Garantie“. Der Text hat kaum Zeilenabst­and und ist nur schwer zu entziffern. Der Bundesgeri­chtshof urteilt streng und hat zum Beispiel Widerrufsb­elehrungen ohne eindeutige Überschrif­ten für unwirksam erklärt (Az. VIII ZR 82/10).

Wer etwas auf einer Verkaufspa­rty erworben hat, darf es zu Hause auspacken und ausprobier­en. Das Widerrufsr­echt entfällt dadurch nicht. Kunden müssen ihren Widerruf ausdrückli­ch erklären, aber nicht begründen.

Bei bestimmten Gegenständ­en ist das Widerrufsr­echt des Kunden allerdings ausgeschlo­ssen. Ob Käufer auch den Einkauf von Sexspielze­ug noch widerrufen können, wenn sie die Verpackung schon geöffnet haben, hat der Bundesgeri­chthof noch nicht entschiede­n.

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