Masterplan gegen Gülle
Wie das Oldenburger Münsterland das Problem lösen will
Dass es zuviel Dünger in Niedersachsen gibt, ist seit Jahren bekannt. Nun will das Agrarforum dagegen angehen.
VECHTA – Angesichts verschärfter Düngeauflagen will die Land- und Ernährungswirtschaft im Oldenburger Münsterland das Problem der Überdüngung gemeinsam angehen. Es gebe in der Region zu viele Nährstoffe, sagte am Dienstag der Vorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland (AEF), Uwe Bartels (SPD). „Wir wissen, dass wir das Problem angehen müssen“, betonte der frühere niedersächsische Agrarminister. Zu dem Forum gehören neHausbrunnen
ben Landwirten unter anderen auch Agrartechniker, Schlachtbetriebe, Viehhändler und Futtermittelbetriebe.
Das Oldenburger Münsterland exportiere bereits knapp 3 Millionen Tonnen Gülle und anderen Naturdünger pro Jahr in die Ackerbauregionen Niedersachsens. Nur aufgrund von Berechnungsveränderungen werde sich mit
der neuen Verordnung diese Summe um 1,4 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen. Der Druck auf die Bauern sei groß, das Gülleproblem zu lösen.
Unter anderem sollen Verfahren gefördert werden, die Gülle besser aufzubereiten. Die Landkreise Cloppenburg und Vechta wollen unter anderem die Wasserqualität der öffentlichen Brunnen und dokumentieren, das Messnetz ausweiten und jährlich Berichte veröffentlichen. Vertreter der Landvolk-Kreisverbände aus Vechta und Cloppenburg forderten, auch bei den GülleAbnehmern in den Ackerbauregionen in Südostniedersachsen die bürokratischen Hürden zu senken, etwa wenn es um die Baugenehmigung von Güllebehältern gehe.
Wegen der Teilnahme vieler Landwirte an der Initiative Tierwohl sei damit zu rechnen, dass die Tierbestände in der Region künftig sinken werden, sagte der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Heinrich Dierkes. Die Initiative sieht vor, dass die Tiere zehn Prozent mehr Platz im Stall haben müssen als gesetzlich vorgeschrieben.
Experten warnen: Die Böden in der Region sind überdüngt. Jetzt müssen Lösungen her. Hier gibt es Antworten auf drängende Fragen.
VECHTA – Experten warnen schon seit Jahren, dass die Böden in Niedersachsen überdüngt sind. Es gibt mehr Stickstoff und Phosphor, als die Pflanzen für ihr Wachstum benötigen. Der überschüssige Stickstoff wandert durch die Bodenschichten und sammelt sich im Grundwasser an, was sich irgendwann auch im Trinkwasser niederschlagen könnte.
Das überschüssige Phosphor wird aus der Ackerkrume in die Bäche, Flüsse und Seen gespült und führt – wie etwa am Dümmer – zu einem übermäßigen Algenwachstum.
Die Agrar- und Ernährungsindustrie im Oldenburger Münsterland, dem Schwerpunktgebiet für dieses Problem, will nun zeigen, das sie die Zeichen der Zeit erkannt hat und präsentiert einen „Masterplan“für einen nachhaltigen Nährstoffkreislauf.
Seit mehr als zehn Jahren stellen die Wasserversorger steigende Nitratwerte an den oberflächennahen Grundwassermessstellen fest. 60 Prozent der Landesfläche Niedersachsens sind in dieser Hinsicht in einem schlechten Zustand, heißt es aus dem Umweltministerium in Hannover. Die Grundwasserbelastungen fußen auf Nährstoffüberschüssen von rund 70 000 Tonnen Stickstoff landesweit. Niedersachsen habe ein Mengen-, aber auch ein Verteilungsproblem.
Würde eine bessere Verteilung helfen
Das ist der Plan, und tatsächlich werden laut Landwirtschaftskammer jedes Jahr bereits 2,8 Millionen Tonnen des organischen Düngers in Ackerbaugebiete transferiert. Da dort aber auch noch Mineraldünger verwendet wird, sehen Experten daher auch im Einsatz dieses künstlichen Düngers ein Problem für Oberflächengewässer und das Grundwasser. Der genaue Einsatz des Mineraldüngers ist den Experten nicht bekannt
- sie schätzen, dass pro Jahr rund 3500 Tonnen auf den Ackerbauflächen Niedersachsens landen. Gefordert ist also, dass die Ackerbaubetriebe die Menge, die sie als Naturdünger aus den Viehhaltungsregionen bekommen, beim Kunstdünger einsparen. Unter anderem will das Land ein Zertifizierungssystem für die gesamte Logistik-Schiene aufbauen, also für die GülleTransporte und die GülleBörsen.
Soll die neue Düngeverordnung nicht helfen?
Ja, das soll sie – aber bis sie wirkt, werden sicherlich noch einige Jahre ins Land gehen. Experten fordern, dass die Landwirte ihre Düngung viel strenger an dem tatsächlichen Nährstoffbedarf der Pflanzen ausrichten.
Diese Forderung betrifft sowohl die Düngermengen als auch die Zeiträume, in denen im Frühjahr und im Herbst gedüngt werden darf.
Entsprechende Maßnahmen sollte die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) umsetzen, fordert Egon Harms vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV).
Was plant das Agrar- und Ernährungsforum
Unter anderem setzt die Branche auf Studien, wie der Naturdünger besser aufbereitet werden kann. Denn Gülle und Mist sind wertvoller Dünger, der eigentlich in den Ackerbauregionen benötigt wird.
Die Landkreise Vechta und Cloppenburg wollen die Wasserqualität der öffentlichen Brunnen und der Hausbrunnen dokumentieren und das Messnetz möglicherweise ausweiten – mehr Informationen sollen mehr Transparenz, aber auch mehr Druck auf die Handelnden schaffen.
Was sollen die Landwirte tun
Die Landwirte wollen je nach Situation auf ihrem Hof schon beim Futter auf die Nährstoffzusammensetzung achten. Fachleute rechnen mit einer Abnahme der Tierbestände, denn viele Betriebe nehmen an der Initiative Tierwohl teil, bei denen sich die Landwirte verpflichten, zehn Prozent weniger Tiere einzustallen als gesetzlich erlaubt.
Eine Reportage zum Thema lesen Sie unter bit.ly/nitrat2017