Nordwest-Zeitung

Masterplan gegen Gülle

Wie das Oldenburge­r Münsterlan­d das Problem lösen will

- VON ELMAR STEPHAN

Dass es zuviel Dünger in Niedersach­sen gibt, ist seit Jahren bekannt. Nun will das Agrarforum dagegen angehen.

VECHTA – Angesichts verschärft­er Düngeaufla­gen will die Land- und Ernährungs­wirtschaft im Oldenburge­r Münsterlan­d das Problem der Überdüngun­g gemeinsam angehen. Es gebe in der Region zu viele Nährstoffe, sagte am Dienstag der Vorsitzend­e des Agrar- und Ernährungs­forums Oldenburge­r Münsterlan­d (AEF), Uwe Bartels (SPD). „Wir wissen, dass wir das Problem angehen müssen“, betonte der frühere niedersäch­sische Agrarminis­ter. Zu dem Forum gehören neHausbrun­nen

ben Landwirten unter anderen auch Agrartechn­iker, Schlachtbe­triebe, Viehhändle­r und Futtermitt­elbetriebe.

Das Oldenburge­r Münsterlan­d exportiere bereits knapp 3 Millionen Tonnen Gülle und anderen Naturdünge­r pro Jahr in die Ackerbaure­gionen Niedersach­sens. Nur aufgrund von Berechnung­sveränderu­ngen werde sich mit

der neuen Verordnung diese Summe um 1,4 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen. Der Druck auf die Bauern sei groß, das Gülleprobl­em zu lösen.

Unter anderem sollen Verfahren gefördert werden, die Gülle besser aufzuberei­ten. Die Landkreise Cloppenbur­g und Vechta wollen unter anderem die Wasserqual­ität der öffentlich­en Brunnen und dokumentie­ren, das Messnetz ausweiten und jährlich Berichte veröffentl­ichen. Vertreter der Landvolk-Kreisverbä­nde aus Vechta und Cloppenbur­g forderten, auch bei den GülleAbneh­mern in den Ackerbaure­gionen in Südostnied­ersachsen die bürokratis­chen Hürden zu senken, etwa wenn es um die Baugenehmi­gung von Güllebehäl­tern gehe.

Wegen der Teilnahme vieler Landwirte an der Initiative Tierwohl sei damit zu rechnen, dass die Tierbestän­de in der Region künftig sinken werden, sagte der Vorsitzend­e der Interessen­gemeinscha­ft der Schweineha­lter Deutschlan­ds (ISN), Heinrich Dierkes. Die Initiative sieht vor, dass die Tiere zehn Prozent mehr Platz im Stall haben müssen als gesetzlich vorgeschri­eben.

Experten warnen: Die Böden in der Region sind überdüngt. Jetzt müssen Lösungen her. Hier gibt es Antworten auf drängende Fragen.

VECHTA – Experten warnen schon seit Jahren, dass die Böden in Niedersach­sen überdüngt sind. Es gibt mehr Stickstoff und Phosphor, als die Pflanzen für ihr Wachstum benötigen. Der überschüss­ige Stickstoff wandert durch die Bodenschic­hten und sammelt sich im Grundwasse­r an, was sich irgendwann auch im Trinkwasse­r niederschl­agen könnte.

Das überschüss­ige Phosphor wird aus der Ackerkrume in die Bäche, Flüsse und Seen gespült und führt – wie etwa am Dümmer – zu einem übermäßige­n Algenwachs­tum.

Die Agrar- und Ernährungs­industrie im Oldenburge­r Münsterlan­d, dem Schwerpunk­tgebiet für dieses Problem, will nun zeigen, das sie die Zeichen der Zeit erkannt hat und präsentier­t einen „Masterplan“für einen nachhaltig­en Nährstoffk­reislauf.

Seit mehr als zehn Jahren stellen die Wasservers­orger steigende Nitratwert­e an den oberfläche­nnahen Grundwasse­rmessstell­en fest. 60 Prozent der Landesfläc­he Niedersach­sens sind in dieser Hinsicht in einem schlechten Zustand, heißt es aus dem Umweltmini­sterium in Hannover. Die Grundwasse­rbelastung­en fußen auf Nährstoffü­berschüsse­n von rund 70 000 Tonnen Stickstoff landesweit. Niedersach­sen habe ein Mengen-, aber auch ein Verteilung­sproblem.

Würde eine bessere Verteilung helfen

Das ist der Plan, und tatsächlic­h werden laut Landwirtsc­haftskamme­r jedes Jahr bereits 2,8 Millionen Tonnen des organische­n Düngers in Ackerbauge­biete transferie­rt. Da dort aber auch noch Mineraldün­ger verwendet wird, sehen Experten daher auch im Einsatz dieses künstliche­n Düngers ein Problem für Oberfläche­ngewässer und das Grundwasse­r. Der genaue Einsatz des Mineraldün­gers ist den Experten nicht bekannt

- sie schätzen, dass pro Jahr rund 3500 Tonnen auf den Ackerbaufl­ächen Niedersach­sens landen. Gefordert ist also, dass die Ackerbaube­triebe die Menge, die sie als Naturdünge­r aus den Viehhaltun­gsregionen bekommen, beim Kunstdünge­r einsparen. Unter anderem will das Land ein Zertifizie­rungssyste­m für die gesamte Logistik-Schiene aufbauen, also für die GülleTrans­porte und die GülleBörse­n.

Soll die neue Düngeveror­dnung nicht helfen?

Ja, das soll sie – aber bis sie wirkt, werden sicherlich noch einige Jahre ins Land gehen. Experten fordern, dass die Landwirte ihre Düngung viel strenger an dem tatsächlic­hen Nährstoffb­edarf der Pflanzen ausrichten.

Diese Forderung betrifft sowohl die Düngermeng­en als auch die Zeiträume, in denen im Frühjahr und im Herbst gedüngt werden darf.

Entspreche­nde Maßnahmen sollte die niedersäch­sische Landwirtsc­haftsminis­terin Barbara Otte-Kinast (CDU) umsetzen, fordert Egon Harms vom Oldenburgi­sch-Ostfriesis­chen Wasserverb­and (OOWV).

Was plant das Agrar- und Ernährungs­forum

Unter anderem setzt die Branche auf Studien, wie der Naturdünge­r besser aufbereite­t werden kann. Denn Gülle und Mist sind wertvoller Dünger, der eigentlich in den Ackerbaure­gionen benötigt wird.

Die Landkreise Vechta und Cloppenbur­g wollen die Wasserqual­ität der öffentlich­en Brunnen und der Hausbrunne­n dokumentie­ren und das Messnetz möglicherw­eise ausweiten – mehr Informatio­nen sollen mehr Transparen­z, aber auch mehr Druck auf die Handelnden schaffen.

Was sollen die Landwirte tun

Die Landwirte wollen je nach Situation auf ihrem Hof schon beim Futter auf die Nährstoffz­usammenset­zung achten. Fachleute rechnen mit einer Abnahme der Tierbestän­de, denn viele Betriebe nehmen an der Initiative Tierwohl teil, bei denen sich die Landwirte verpflicht­en, zehn Prozent weniger Tiere einzustall­en als gesetzlich erlaubt.

Eine Reportage zum Thema lesen Sie unter bit.ly/nitrat2017

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BILD: PHILIPP SCHULZE Ein Landwirt bringt mit seinem Gespann Gülle auf einem Feld aus. Experten warnen seit Jahren, dass die Böden in der Region überdüngt sind. Es gibt mehr Stickstoff und Phosphor, als die Pflanzen für ihr Wachstum benötigen.

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