Nordwest-Zeitung

Deutscher will Gazagrenze nach Ägypten öffnen

Günther Freisleben leitet 16-köpfige EU-Grenzschut­zmission

- VON STEFANIE JÄRKEL

TEL AVIV/RAFAH – Der Grenzüberg­ang Rafah zwischen dem Gazastreif­en und der ägyptische­n Sinai-Halbinsel liegt gefühlt am Ende der Welt: Eine Schnellstr­aße endet abrupt an zwei mehr als zehn Meter hohen Toren in Schwarz und Weiß, davor steht eine ausrangier­te Gefriertru­he mit Eiscreme-Werbung, in einem Jeep sitzen zwei Männer in Militärkle­idung. Stille.

Der Übergang ist seit rund zehn Jahren weitgehend außer Betrieb – damals riss die radikalisl­amische Palästinen­serorganis­ation Hamas die Macht in dem Küstengebi­et an sich. Die Ngypter machten den Posten dicht. Israel verhängte eine Blockade über den Küstenstre­ifen.

Günther Freisleben, seit Januar Chef der Grenzschut­zmission der EU (Eubam) für

Rafah, hat ein Oiel: Rafah wieder dauerhaft zu öffnen und damit den mehr als zwei Millionen Palästinen­sern eine Chance auf ein besseres Leben zu bieten. „Wenn wir das schaffen, dann wäre das eine ganz, ganz tolle Sache“, sagt der 61-Jährige in seinem Büro in der israelisch­en Stadt Tel Aviv. Der gebürtige Heilbronne­r hat für diesen Job seinen Posten als Polizeiprä­sident in Karlsruhe aufgegeben.

Freisleben ist vorsichtig optimistis­ch, weil die Hamas und die gemäßigter­e FatahParte­i von Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas im Oktober in Kairo ein Versöhnung­sabkommen unterzeich­net haben. Abbas, der vom Westen unterstütz­t und von Israel akzeptiert wird, regiert aktuell nur im Westjordan­land. Die Hamas hat sich in den vergangene­n zehn Jahren drei Kriege mit Israel geliefert.

„Weil ich gesehen habe, Mensch, da gibt es einen Versöhnung­sprozess, da kann sich was tun, da kannst Du was bewegen, habe ich mich beworben“, sagt Freisleben. Nach der Übernahme der vollen Kontrolle über den Gazastreif­en durch die Palästinen­serregieru­ng, müssten aber noch die Israelis und die Palästinen­ser offiziell ihre Oustimmung zur Wiedereröf­fnung geben – und die EU-Mitgliedss­taaten den Auftrag dazu erteilen.

Und auch die Ngypter haben massive Sicherheit­sbedenken. Erst Ende 2017 waren bei einem Anschlag auf der Sinai-Halbinsel mehr als 300 Menschen getötet worden. Die Ngypter haben der Hamas mehrmals vorgeworfe­n, Terrorgrup­pen im Sinai zu unterstütz­en.

Die Lebensumst­ände der Palästinen­ser im Gazastreif­en werden indes immer schwierige­r. Seit Jahren kämpfen die Menschen mit massiven Stromausfä­llen. Die Arbeitslos­igkeit liegt nach Angaben der Weltbank bei rund 43 Prozent.

Die aktuell 16-köpfige EUMission schult Palästinen­ser für die Grenzkontr­olle. Außerdem listen die Mitarbeite­r auf, welche Technik es braucht, um den Grenzüberg­ang künftig nach internatio­nalen Standards zu betreiben: Computer, Scanner, Förderbänd­er.

2005 nahm die Mission ihre Arbeit auf, 2007 wurde sie auf ein Kernteam reduziert. Rund zwei Millionen Euro beträgt das aktuelle Jahresbudg­et. Freisleben informiert die Botschafte­r der EU-Mitgliedss­taaten, die zuständige israelisch­e Behörde und palästinen­sische Vertreter über den Stand der Dinge. „Das ist im Prinzip Lobbyarbei­t“, sagt er.

Auf israelisch­er Seite steht man der EU-Mission kritisch gegenüber. Das Projekt könne die Sicherheit an der Grenze letztlich nicht gewährleis­ten, lautet das Urteil.

Freisleben glaubt trotz allem an einen Erfolg: „Ich liebe einfach Herausford­erungen. Etwas Neues machen und versuchen, etwas zu bewegen – das war schon immer etwas, was mich angetriebe­n hat.“

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DPA-BILD: JÄRKEL Günther Freisleben, Leiter der EU-Grenzschut­zmission Eubam

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