Nordwest-Zeitung

Bei Flug-Stornierun­g kein Geld zurück

Luftfahrtg­esellschaf­ten können Erstattung ausschließ­en – Klage von Lufthansa-Kunden

- VON SÖNKE MÖHL

Aus Sicht der Richter werden Kunden nicht unangemess­en benachteil­igt. Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and sieht das anders.

KARLSRUHE – Fluggesell­schaften dürfen Tickets ohne Erstattung­smöglichke­it im Falle einer Stornierun­g durch den Kunden verkaufen. Das entschied der Bundesgeri­chtshof am Dienstag in Karlsruhe.

Geklagt hatten zwei Lufthansa-Kunden. Der Ausschluss des Kündigungs­rechts benachteil­ige die Fluggäste nicht unangemess­en, begründete der Senat das Urteil. Die Kläger, die bereits in den Vorinstanz­en unterlegen waren, hatten ihre Flüge von Hamburg in die USA wegen Krankheit rund zwei Monate vor dem Flugtermin im Jahr 2015 abgesagt. Von insgesamt 2766,32 Euro erhielten sie nur 267,12 Euro für nicht verbraucht­e Steuern zurück (X ZR 25/17).

Zentraler Punkt des Falls ist die Anwendbark­eit von Paragraf 648 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es (BGB) zum Werkvertra­g. Dort ist geregelt, dass ein Unternehme­n bei einer Vertragskü­ndigung durch den Kunden den gezahlten Preis einbehalte­n darf. Das Unternehme­n muss die Summe aber zumindest teilweise zurückerst­atten, wenn es Kosten spart oder die Leistung an einen anderen Kunden verkauft.

Der Vorsitzend­e Richter sagte, der Fall werfe einige schwierige Rechtsfrag­en auf. Grundsätzl­ich gelte das Werkvertra­gsrecht auch bei Massenverk­ehrsmittel­n. Jedoch sei hier das Kündigungs­recht nach Paragraf 648 BGB nicht maßgeblich.

Ersparniss­e für die Unternehme­n gibt es im Falle einer Kundenstor­nierung nach Auffassung des Senats kaum, weil die Aufwendung­en zum größten Teil Fixkosten seien. Diese verringert­en sich praktisch nicht, wenn der Fluggast an der Reise nicht teilnimmt. „Die Möglichkei­t ersparter Aufwendung­en spielt aus unserer Sicht keine Rolle“, sagte der Vorsitzend­e Richter.

Der Anwalt der Kläger hatte genau entgegenge­setzt argumentie­rt. Die Fluggesell­schaft habe bei einer Stornierun­g immer noch die Möglichkei­t, die Tickets an andere Passagiere zu verkaufen. Dabei hatte der Anwalt Unterstütz­ung vom Reiserecht­sexperten des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­andes, Felix Methmann, bekommen. Viele Flüge seien überbucht, die Fluggesell­schaften rechneten mit Stornierun­gen.

Die Nach- weispflich­t müsse bei der Fluggesell­schaft liegen, hatte er vor der Verhandlun­g gefordert. „Das kann nicht der Kunde sein, der keine Möglichkei­t hat, in das Buchungssy­stem reinzuguck­en.“

Der Rechtsanwa­lt der Lufthansa hatte auf die Transparen­z der Angebote verwiesen. Der Kunde müsse sich bewusst für einen Tarif entscheide­n und damit für oder gegen eine Rückzahlun­g des Ticketprei­ses bei Stornierun­g. Damit liege eine Individual­vereinbaru­ng anstelle von 648 BGB vor. Der Senat bestätigte, dass die Anwendung der Vorschrift durch die Beförderun­gsbedingun­gen der Lufthansa wirksam ausgeschlo­ssen wurde.

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