Nordwest-Zeitung

Razzia bei VW: Verdacht auf falsche Angaben

Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen möglicher Marktmanip­ulation – Büros in Zentrale durchsucht

- VON FELIX FRIELER UND THOMAS STRÜNKELNB­ERG

Es geht um eine „objektiv inhaltlich falsche“Mitteilung von 2015. Hat 9W vors:t;lich oder fahrl:ssig gehandelt<

WOLFSBURG/BRAUNSCHWE­IG – Keine Atempause für Volkswagen: Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig hat wegen des Verdachts auf Marktmanip­ulation erneut Büros in der Wolfsburge­r Konzernzen­trale durchsucht. Anfang März seien Papiere und mehrere Terabyte an Daten in den VW-Räumen sichergest­ellt worden, sagte der Braunschwe­iger Oberstaats­anwalt Klaus Ziehe am Dienstag. Es geht um möglicherw­eise falsche Verbrauchs­angaben und den Ausstoß des Klimagases Kohlendiox­id (CO2).

Bei den neuen Ermittlung­en gegen Unbekannt dreht es sich vor allem um eine Adhoc-Mitteilung von VW vom Dezember 2015. Gut einen Monat vorher, nämlich Anfang November 2015 und damit kurz nach Bekanntwer­den des Dieselskan­dals, hatte VW zunächst mitgeteilt, es gebe „Anhaltspun­kte für weitere Unregelmäß­igkeiten“. Bei 800 000 Autos sei es zu „nicht erklärbare­n Werten“bei CO2standsm­itglied Messungen gekommen. Das legte nahe, dass für diese Autos die Verbrauchs­angaben falsch sein könnten. Am 9. Dezember 2015 widerrief VW die Angaben und verschickt­e eine Ad-Hoc-Mitteilung, wonach nur neun Modellvari­anten und insgesamt rund 36000 Autos betroffen seien. VW geht davon aus, der Publizität­spflicht ordnungsge­mäß nachgekomm­en zu sein.

Die Staatsanwa­ltschaft hat nun Anhaltspun­kte dafür, dass diese zweite Ad-hoc-Mitteilung „objektiv inhaltlich falsch“war, wie ihr Sprecher Ziehe sagte. „Wir haben Anhaltspun­kte, dass mehr Fahrzeuge betroffen sind.“Die genaue Zahl steht noch nicht fest. „Die Staatsanwa­ltschaft prüft nun, ob Mitarbeite­r von Volkswagen grob fahrlässig oder vorsätzlic­h gehandelt haben“, erklärte Ziehe.

Manfred Döss, Leiter Rechtswese­n bei VW und Vor- der Porsche SE, bestätigte die Durchsuchu­ng. „Der Vorwurf ist, dass Volkswagen hier zu einem Zeitpunkt die Ad-hoc-Mitteilung gemacht hat, bei dem sie noch nicht objektiv korrekt gewesen sein soll“, erklärte er. Richtig sei, dass Volkswagen zum damaligen Zeitpunkt im engen Austausch mit dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) darüber gewesen sei, wie die Fahrzeuge gemessen werden: „Die waren sämtlich grün gemessen. Und deswegen sind wir auch zu der Einschätzu­ng bei uns gelangt, dass es vernünftig ist, hier die Ad-hocMitteil­ung zu korrigiere­n.“

Der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft lautet auf Marktmanip­ulation. Kurz nach Bekanntwer­den der Nachricht im Dezember 2015, dass VW keine weiteren Verwerfung­en im Ausmaß des Dieselskan­dals auch im Falle des CO2Ausstoß­es drohen, hatten VW-Aktien kräftig zugelegt. Die Papiere kletterten an dem Tag über sechs Prozent. Nach den im Dieselskan­dal festgestel­lten Manipulati­onen bei Stickoxidw­erten von Volkswagen reagierten die Aktienmärk­te damals besonders nervös auf Nachrichte­n zu VW. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könnte dies relevant sein für eventuelle Anlegerkla­gen, sagte Branchenex­perte Stephan Bratzel.

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